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Des Türken stimme

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Academic year: 2021

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Nr. 4 D I E I S L A M I S C H E WE L T

Tl'C

U l S T ^

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DES TURKEN ¡STIMME.

Von A hm

Trotz ihrer fremden Weise und wunder­ samen Melodie habe ich diese Stimme gleich er­ kannt. Mit einer Vertrautheit, die bis zum Urgrund meines Wesens hinabsteigt, mit dem Erkennen, das durch die unendlichen Reihen der Jahrhunderte ,und Geschlechter bis zum fernsten Horizont der Ge­ schichte hinauf reicht, habe ich die Blutsverwandt­ schaft zwischen dem ersten zitternden Laut dieser Stimme und meinem ins Mark getroffenen Türken- tum empfunden. Dieser Augenblick wob die

Vei-Generalmajor Dschavid Pascha,

Kommandant der Dardanellen.Festungen.

d H i k m e t.

getragen hatte, kehrten sie jetzt heim in unend­ lichen Scharen, alle jene Gebrochenen, die jede Erinnerung an das, wofür sie gekämpft, an ihrf Heim, ihr Feld, die Gräber ihrer Vorfahren, ihr ganzes Wesen, ihre Vergangenheit und Zukunft, wie einen Alpdruck von sich geworfen haben, alle die Erinnerungen, die in Wahrheit nichts mehr sind als bloße Schemen, alle jene Mütter, deren Augen von Tränen überströmten, jene Väter, denen das unterdrückte Schluchzen die Kehle

zusammen-Hilmi Pascha,

Führer der 6. ottomanischen Armee.

bindung zwischen meinem weinenden Herzen und dem klagenden Ton jener Stimme, die beide vor Zeiten zusammen geboren waren, aus geiciem Blut gezeugt, an derselben Brust genährt, dann im unendlichen Raum verloren gegangen und die in dieser unheilschweren Stunde einander wieder fan­ den. Das Schluchzen meiner gemarterten Seele umfing seine in die Finsternis ,hinausgesandte K a£e> vereinte sich mit ihr, küßte sie und flog mit n r

gen Himmel. .

Zug auf Zug, in schauerlicher Folge wankten sie dahin nach allen Niederlagen, herzzeireißent e Bilder von Blut und Tod, Tränen und Wehklagen. Das gesamte Türkentum ward Zeuge, wie ans schwarzen Wolken Unglück und Elend gleich Re­ gen und Blitzen niederprasselten. Ohne die hohe Stirn zu beugen, die geduldigen Augen zu sch le- ßen, in stahlharter Seele zu erbeben, haben die Türken erduldet, daß ihre Ideale zertrümmert, n ie Illusionen zu Staub zermalmt wurden.

Auf der Eisenbahn hinter meinem Haus, die einst unzählige Soldaten der Hoffnung en gegen

schnürte, die Kinder, die auf den bleichen Gesich­ tern eine Maske staunenden, starren Entsetzens trugen, und schließlich die Verwundeten, die Kran­ ken und die Toten.

Ungezählte Züge donnerten über den zucken­ den Boden dieses Erdenwinkels, kamen und gingen wie Flut und Ebbe, Wogen von Hoffnungen und Illusionen türmten sich auf und wollten das Land überschwemmen, um von einem erbarmungslosen Schicksal zurückgeschleudert zu werden in ein Meer von Trauer und Schmerz. Auf diesen Tau­ senden von Menschen, die in eine vom Schicksal unerhört bedrängte Zeit gestellt waren, lag furcht­ bares Erleben wie der Schatten eines grauenvollen Traumes. Alles Unglück und allen Jammer ertrugen sie ohne Klagen und Tränen, in stolzem, unge­ beugtem Schweigen. Die türkische Seele, die durchtränkt war von Kummer, Elend und Schmerz, verharrte, ohne ein Atom ihres Vertrauens in Got­ tes Macht und Willen einzubüßen, in der Hülle ihres Stolzes, der stärker ist, als selbst der Tod, sie fand ihre Stütze in ihrer Philosophie der Ge­

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duld, die hinaufreicht bis zur Gottergebung, mit aufeinandergebissenen Zähnen, zusammengepreßten Lippen in ungebrochener Stille.

Eines Tages trat ein Stillstand des Verkehrs ein, die Züge kamen und gingen nicht mehr. Das innerste Wesen des ganzen Landes schien zwischen Leben und Sterben zu schweben. Und dann, als sich das Dorf mit den Trümmern des Krieges ge­ füllt hatte, kamen, einer nach dem anderen, die Wagen des Roten Halbmondes. Zwischen meinem Hause und dem Schienenstrang türmte sich eine Mauer von blutrot gefärbten Halbmonden auf. Sie zeigte die Wendung an, die der Krieg für uns ge­

nommen hatte.

* *

*

Unter den Soldaten, die auf die Wagen des Roten Halbmondes warteten, zog einer meinen Blick besonders auf sich. Bei meinen abenteuerlichen Spaziergängen durch die Dorfstraßen und die vom Wintersturm durchbrausten Felder sah ich ihn oft. ln seinen träumerisch schimmernden Augen, auf seiner breiten Stirn und seinen vollen Wangen lag ein Glanz, der auch in der Nacht leuchten mußte. Eines Tages begegnete ich ihm, wie er einherschritt, die Hände auf dem Rücken, zwischen den l.ippen ein Zweiglein Lorbeer bewegend, den festen Blick geradeaus gerichtet.

War er ein Dichter? Vielleicht . . .

Aber vor allem war er ein Sohn türkischer Erde. So voller Stolz war sein Wesen, daß er unter dem Rock des gemeinen Soldaten wie ein Feldherr erschien. Ganz offenbar war das Blut dieses Türken dem Wasser vergleichbar, das in seinem Dorfe rein und klar zwischen zwei Fels­ blöcken sich ergoß; auch nicht ein Tröpflein Schmutz war ihm beigemengt. Ein Instinkt, der nicht trügen konnte, sagte mir, daß die Stimme, die durch das Dunkel der Nacht mein Trauern ge­ funden hatte und mit ihm vereint in ferne Hi'mmels- räume geflogen war, die Stimme dieses Mannes gewesen sein müsse.

Mit schlimmer Botschaft endete der Tag. Wie­ derum hingen die Schatten des sternenlosen Him­ mels wie sorgenvolle Fragen, was der Morgen bringen würde, drohend und unheilkündend über den leeren Häusern des Dorfes, den Zelten der Soldaten, deren weiße Fahnen sich im Winde bläh­ ten, den morastbedefckten Feldern und den Bäumen, die ihre nackten Arme zitternd und hilflos von sich streckten.

Ich öffnete die Glastür meines Zimmers und durchschritt den Wintergarten. Meine Schläfen, meine Brust, meine Augen, die in unlöschbarem1 Feuer brannten, vergingen vor Sehnsucht nach der kühlenden Berührung mit frischer Luft. Vergeblich mühten sich meine Blicke, das Dunkel der mich umfangenden Nacht zu durchdringen, das alle Dinge aufsaugte, überdeckte, begrub. Meine Seele

lauschte dem erregten Atem der Nacht und suchte ihr Geheimnis zu ergründen.

Das Dorf ruhte wie in erstorbener Luft, in Schweigen erfroren, in starrer Grabesstille. Nur die Strahlen des Leuchtturms glitten über die feuchte Erde, strichen über die Außenwände der Häuser, an den Mauern entlang, zerstreuten sich über dem Meer, verfütterten, tauchten unter, ver­ löschten, um wenige Sekunden später flammend wieder aufzublitzen.

Plötzlich, wie mit einem Dolchstoß, durch- schnitt eine Stimme das unbewegliche Schweigen. Bis ins Innerste erzitternd, so fremdartig und doch vertraut war der Klang, fühlte ich wie in einem Krampf, aus der Tiefe meines Wesens ein neues Ich emporsteigen. Diese Stimme war jeder Har­ monie und Melodie bar, wie eine ungeheure Fläche, ohne Hebung oder Senkung zog sie dahin. Was sang er? Fs war unmöglich, zu unterscheiden. Ich verstand nicht ein einziges Wort, aber ich fühlte mich hingezogen zu jener Stimme, ich fühlte mich davon erwärmt, wie jemand, der den Gesang eines Landes hört, in dem er viel gereist, mit dessen Volk er lange gelebt, und dem mit dem Klang der Lieder süße Erinnerungen erwachen. Raum und Zeit überfliegend, sah ich, wie in einem phan­ tastischen Prisma die türkischen Länder, die immer klarer vor mir aufstiegen, mit ihren Bergen, deren Haupt gebeugt war, den verlassenen Aeckern, ver­ waisten Dörfern, mit der Not und Bedrängnis ihrer ganzen Geschichte. Tiefer Sinn sprach aus der Eintönigkeit dieser Stimme, die fern war von jeder Heiterkeit, jeder einschmeichelnden Weise. Es sprach' daraus die Würde eines Volkes, das Jahrhunderte hindurch erobernd, siegend, herrschend in der Welt gestanden hatte, dann vom Unglück wohl niedergeworfen wurde, aber nicht vernichtet werden kann, sondern in alter Pracht neu erstehen muß. Es war eine jener Stimmen, die geschaffen wurden, p zu Völkern, Bergen und unbegrenzten Fernen zu sprechen. Heute abend brach sie sich mit einer Gewalt Bahn, deren Schwingung eine Zelle der Fin­ sternis verdrängt, ihr Weinen galt dem Volke, ihr Gruß den Bergen, ihr Fluch der Ferne hinter dem Horizont.

Woher stammte dieses Lied? Dieser Klage­ ruf, der jenseits aller Regeln stand, alle Musik miß­ achtete, aber in seiner erhabenen Wildheit wie ein Wunder mit jedem Ton die Seele erbeben, die Ner­ ven schwingen ließ. Ich weiß es nicht, aus welchem Dorf und welches Lied es war. Doch trotz seiner Eintönigkeit, trotz der kunstlos aneinandergereihten Kehrreime, von rauhen Kehllauten begleitet, nach jeder Silbe von einem tief aufstöhnenden Atemzug unterbrochen, war es so eindringlich, modellierte es so plastisch die Empfindungen, daß jedes un­ verständliche Wort die Bedeutung einer Trauer­ ode gewann.

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gen in aber liehe

Fassungsvermögen

Ich sah ihn in meiner Phantasie. Auch ihm hatten die giftigen Einflüsse des Iages den Schlaf geraubt. Er hatte die Tür seines _ Kranken­ wagens geöffnet, um die kühle Luft einzulassen, und jetzt lehnte er den Kopf gegen den Pfosten, ließ die Beine baumeln und bohrte die Au- das Dunkel, In seinem reinen Herzen brannte eine Wunde, deren unbegreif- Bedeutung und hohe Gefahr über sein

ging. Um ihn herum, traurig und gebrochen, elend und verlassen, krank und verstüm­ melt, die endlosen Reihen dei Kame­ raden, dahinter die brennenden Dör­ fer, rauchende, zerstörte Häuser, zer­ stampfte Felder, und dann, dann mußten sich vor seiner Phantasie die weinenden Mütter und jammernden Kinder aufrichten, die kummer­ und sorgenbeladenen Witwen und Bräute.

Alle Gefühle, die in seinem Her­ zen wühlten, sein Wehklagen, seine Teilnahme, seine Grüße drückte er in seinem einfachen Liede aus. Von Zeit

Zeit hob der Rhythmus, der aus seinem Hei- flutete dies Lied in die Sphäre einer höheren Sprache empor. Manchmal breitete sich sein Stöh­ nen aus wie der Saum eines Trauergewandes über die furchtbare Nacht, bedeckte sie mit einer breiten, schweren Schleppe, manchmal stieß er einen schril­ len, herzzerreißenden Klagelaut hervor, oder die Stimme irrte zitternd umher, wie um ein Zweig- lein Hoffnung zu suchen, auf dem sie sich medei lassen könnte. Aber jeder Hoffnungsschimmer geflohen und nirgends fand die Stimme Halt, kundenlang schwebte das Wehklagen zum Greden nahe in der Luft, dann flog es zum Turm de, Mo­ schee, der aus tiefster Finsternis emporragte, um­ kreiste ihn und verschmolz sich mit »hm.

Wie eine Frage zitterte das Lied in seiner lodieloscn Eintönigkeit durch die erbarmungsto^ Finsternis, unter (lern mitleidlosen Himmel lim, an

Ali Munif Bey,

Minister für öffentliche Arbeiten

ZU

zen

war

Se-dem alle Sterne verlöscht waren und nur Nebel und Wolken sich türmten. Aller Jammer und alle Bitternis seines zerrissenen Herzens drängte sich in dieser Frage zusammen. Dann schwoll der Ton von Minute zu Minute mächtiger an, bis zu einem elementaren Wutausbruch, der die Luftwellen vor sich her peitschte, und sank wieder herab, wurde von strömendem Schluchzen erstickt und erstarrte schließlich in eisigem Schweigen.

Mir aber war es, als habe dieser Ton alles Blut mir aus dem Körper gesaugt. Die Stimme des gesamten Türkentums war es gewesen, dieses Türkentums, das durch Jahrhunderte in seiner Geschichte und seinen Ge­ schicken in endloser Kette grausam heimgesucht ward, dessen Leben von einem erbarmungslosen Schicksal un­ aufhörlich zernagt wurde. Der Klage­ schrei drang hinaus in die Nacht, in weite Fernen, zum Firmament, er­ zählte von Not und Bedrängnis, Küm­ mernis und Elend in nie unterbroche- nerlFolge. Aus der Kehle dieses Mannes strömte alle erlittene Schmach, aller Abscheu seiner Rasse in die Weite. Am Ende seines Liedes aber erklang die Verheißung eines Trostes. Inmitten der Bilder des Entsetzens mußte er eine Zuflucht gefunden haben, der er sanft und lautlos, wie ein Schiff einer windgeschützten Bucht ent­ gegensteuerte. Ich suchte mir vorzustellen, wo dieser Trost, diese Zuflucht ihm winken mag, und sah ein fernes Dorf, Vater und Mutter und die junge Schwiegertochter; vielleicht schlafen auch sie in diesem Augenblick noch nicht und hören in dem zärtlichen Beben ihres Herzens das Zittern dieser Stimme.

Plötzlich war er verstummt. Ob er weinte? Und jene Anderen, die in der fernen Heimat war­ teten, weinten auch sie?

Ich preßte meinen Kopf zwischen beide Hände und weinte, weinte Tränen, die hervorquollen aus dem tiefsten Born meines Lebens.

İstanbul Şehir Üniversitesi Kütüphanesi Taha Toros Arşivi

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Benzer Belgeler

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