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Buddenbrooks (Thomas Mann) ve Radetzkymarsch (Joseph Roth) eserlerinde sosyal çöküntü

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(1)

T.C.

SELÇUK ÜNİVERSİTESİ

SOSYAL BİLİMLER ENSTİTÜSÜ

YABANCI DİLLER EĞİTİMİ ANA BİLİM DALI

ALMANCA ÖĞRETMENLİĞİ BİLİM DALI

Buddenbrooks (Thomas Mann) ve Radetzkymarsch (Joseph Roth)

Eserlerinde Sosyal Çöküntü

Yüksek Lisans Tezi

Hazırlayan

Sultan GÜNDÜZ

Danışman

Prof. Dr. Selçuk ÜNLÜ

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T.C.

SELÇUK ÜNİVERSİTESİ

SOSYAL BİLİMLER ENSTİTÜSÜ

YABANCI DİLLER EĞİTİMİ ANA BİLİM DALI

ALMANCA ÖĞRETMENLİĞİ BİLİM DALI

Buddenbrooks (Thomas Mann) ve Radetzkymarsch (Joseph Roth)

Eserlerinde Sosyal Çöküntü

Yüksek Lisans Tezi

Hazırlayan

Sultan GÜNDÜZ

Danışman

Prof. Dr. Selçuk ÜNLÜ

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İNHALTSVERZEİCHNİS

Seite

1. Inhaltsverzeichnis... 1

2. Thema... 1

3. Ziel und Bedeutung... 1

4. Methoden und Techniken... 1

5. Studien zum behandelten Thema... 2

6. Die Biographie des Autors... 3

6.1. Thomas Mann... 3

6.2. Joseph Roth... 5

7. Inhaltsangabe des Werkes... 6

7.1. Buddenbrooks... 6

7.2. Radetzkymarsch... 17

8. Beziehungen zwischen Werk und Epoche... 25

8.1. Die Widerspiegelung der sozilogischen Ereignisse im Werk... 31

8.2. Die Bearbeitung der epochalen und sozilogischen Ereignisse im Werk... 32

8.2.1. Buddenbrooks... 32

8.2.2. Radetzkymarsch... 40

8.3. Die Beziehung der Charaktere mit der Epoche und deren Übertragung im Werk .... 47

8.3.1. Buddenbrooks... 47

8.3.2. Radetzkymarsch... ... 71

9. Schlussbetrachtung... 88

10. Die Literaturverzeichnis... 89

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2. Das Thema

Das Thema der Studie ist es, den sozialen Untergang in den Werken ”Buddenbrooks” und “Radetzkmatsch” zu untersuchen, welche die zwei wichtigsten Werke der deutschen und österreichischen Literatur sind. In diesen zwei Werken wird erzählt wie sich eine Familie verändert hat, untergegangen ist und wie sie ihre Werte umgewandelt hat. In diesen Werken ist der Untergang einer Familie, ein anschauliches Zeichen für den sozialen Verfall. Denn der kleinste Bestandteil einer Gesellschaft ist die Familie. In allen beiden Werken zeigt sich eine Sehnsucht nach der Vergangenheit. Die Widerspieglung dieser Empfindung und der Ansichten, und wie diese Empfindungen und Ansichten vom Schriftsteller seinen Lesern übertragen worden sind, und die Beziehung dieses Werkes mit dem Zeitalter, indem sie geschrieben worden ist, ist das Hauptthema dieser Studie.

3. Ziel und Bedeutung

Das Ziel dieser Studie ist es, die Sehsucht nach der Vergangenheit in beiden Werken zu vergleichen, und darüber hinaus deren gemeinsame Punkte festzustellen. Ferner wird auch versucht, zu zeigen, wie sich der Untergang einer Familie, das in den beiden Werken geschildert wird, sich zu einem sozialen Umbruch entwickelt. Und damit wird gezeigt, wie diese Werke ihr Zeitalter widerspiegeln, indem sie geschrieben worden sind.

Das Ziel dieser Studie war es zu zeigen, wie die Werke unserer Literatur, auch der deutschen und sogar der Weltliteratur die sozilogischen Eigenschaften ihres Zeitabschnittes tragen, indem sie geschrieben worden sind.

4. Methoden und Techniken

Diese Studie wurde im Rahmen der wissenschaftlichen Techniken zusammengebracht. Nach der Beobachtung der singulären Ereignisse, ging man zu Verallgemeinerungen über. Damit wurden die Induktionsmethode von Bacon und die Deduktionsmethode von Aristo angewandt. Die Charaktere wurde nicht nach Wichtigkeit, sondern nach dem Alter aufgestellt. Die Untersuchungsmethoden wurden nach den Interpretationsmethoden durchgeführt, die sich texttreu vom innerlichen ins äußerliche und von den äußerlichen Einflüssen zum Text richteten. Es kann betrachtet

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werden, dass die Schriftsteller in ihren Werken die sozio- kulturellen Ereignisse ihres Zeitalters widergespiegelt haben. Neben der texttreuen Analysierung wurde auch eine andere Methode angewandt, die versucht im Hintergrund der historischen, gesellschaftlichen, kulturellen Ursachen von äußerlichen Umständen zum Text zuzugreifen. Durch die Profitierung von verschiedenen Quellen wurden Daten zusammengebracht, und mit meiner Interpretation vereinigt.

5. Studien zum behandelten Thema

Die Studie habe ich durch die Benutzung der folgenden nationalen und internationalen Quellen , die mit meinem Thema in Verbindung waren, durchgeführt:

Ünlü, Selçuk; Avusturya Modern Edebiyatı, Konya-2001

(Diese Studie ist eine erfolgreiche Quelle die uns die Möglichkeit gibt, die epochalen Beziehung zwischen Werk und Soziologie zu bilden. Er selbst hat bezüglich dieses Themas auch ein Werk zusammengebracht, welches auch zu meiner Studie einen wesentlichen Beitrag geleistet hat.)

Lukács, George; Deutsche Literatur in zwei Jahrhunderten, Neuwied und Berlin-1964

Schwarz, Egon; Essays zur Literatur 1900-1930, Göttingen-1983

(Diese zwei Werke sind die Quellen, die die epochalen Eigenschaften der deutschen Literatur kritisieren und übermitteln)

Ünlü, Selçuk; Joseph Roth (Romanları üzerinde sosyolojik bir inceleme), Konya- 1995

(Diese Studie ist eine Quelle, die die epochalen Eigenschaften der österreichischen Literatur kritisieren und übermitteln)

Emmel, Hildegard; Geschichte des deutschen Romans, Bern-1978

(Ich verwendete auch als Quelle die Geschichte des deutschen Romans von Emel Hildegard, die im Zusammenhang dieses Werkes Studien durchgeführt hat.)

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6. Die Biographie des Autors 6.1. Thomas Mann (1875-1955)

Thomas Mann wurde am 6. Juni 1875 als Sohn einer alt eingesessenen Patrizierfamilie in Lübeck geboren. Sein Vater war der Getreidegroßhändler Johann Heinrich Mann (22. August 1840 bis 13. Oktober 1891), seine Mutter Julia (14. August 1851 bis 11. März 1923) war eine da Silva Bruhns und entstammte dem brasilianischen Großbürgertum. Thomas hatte einen älteren (Luiz Heinrich, 27. März 1871 bis 12. März 1950) und einen jüngeren Bruder (Carl Viktor, 12. April 1890 bis 21. April 1949) sowie zwei jüngere Schwestern (Julia Elisabeth Therese, 13. August 1877 bis 10. Mai 1927; Carla Augusta Olga Maria, 23. September 1881 bis 30. Juli 1910). Sie waren also ihrer fünf.

Thomas besuchte das Katharineum, brachte es dort aber nicht allzu weit; obwohl er zweimal eine Klasse wiederholte, hat er es nicht bis zum Abitur geschafft. Sein Abgangszeugnis vom 16. März 1894 offenbart seine Schwächen: Geschichte ist »noch befriedigend«, genauso wie Mathematik; Zeichnen ist » nur teilweise befriedigend«, Turnen gar »mangelhaft«, auch in Deutsch reicht es nur zu einem »befriedigend«, Aufmerksamkeit und Fleiß sind »im ganzen vorhanden«, das Betragen »im ganzen gut« – nun ja.

Nach dem Tod des Vaters zog die Familie im Jahre 1894 nach München, wo Thomas Mann zunächst als Volontär bei einer Versicherungsgesellschaft tätig war und zudem Vorlesungen an der Technischen Universität besuchte. Nachdem er sich zusammen mit seinem Bruder Heinreich von 1896 bis 1898 in Italien aufgehalten hatte (Rom und Palestrina), wurde er schließlich für zwei Jahre Mitarbeiter des »Simplicissimus«. In dieser Zeit publizierte er auch seine ersten Erzählungen, nämlich: »Gefallen« (»Die Gesellschaft«, Oktober 1894); »Der Wille zum Glück«, (»Simplicissimus«, Nr. 21 bis 23, 22. und 29. August, 5. September 1896), »Der kleine Herr Friedemann« (»Neue Deutsche Rundschau«, Mai 1897), »Der Bajazzo« (»Neue Deutsche Rundschau«, September 1897). Nach den »Buddenbrooks«, für die er 1929 den Nobelpreis erhielt, folgte 1903 der Novellenband »Tristan«, der u. a. den »Tonio Kröger« enthielt.

1905 heiratete Thomas Mann Katharina Hedwig (Katia) Pringsheim (24. Juli 1883 bis 25. April 1980). Die Familie Pringsheim zählte nämlich nicht gerade zu jenen,

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die eine Geldnote ähnlich selten in der Hand halten wie einen Quastenflosser. Thomas Mann verkehrte von diesem Zeitpunkt an also in den besten Kreisen der Stadt und hatte finanziell mehr oder weniger ausgesorgt. Nebenbei gesagt: Katia Pringsheim war kein Dummerchen, sie hatte zuvor Physik bei Röntgen, Mathematik bei ihrem Vater Alfred studiert. Und trotzdem schlüpfte sie nach der Hochzeit in die Rolle eines Kindermädchens, das dem großen Meister quasi den Brei von den Wangen wischte.

Und der Meister widmete sich nach seiner Hochzeit also ganz seiner schriftstellerischen Arbeit, es folgten u. a.: »Fiorenza« (1905), »Königliche Hoheit« (1909), »Der Tod in Venedig« (1912), »Das Wunderkind« (1914), »Herr und Hund« (1919), »Wälsungenblut« (1921, entstanden 1905), »Der Zauberberg« (1924), »Unordnung und frühes Leid« (1925), «Mario und der Zauberer« (1930).

Zwischendurch (1918) hatte Thomas Mann auch die »Betrachtungen eines Unpolitischen« veröffentlicht, ein »Mittelding zwischen Werk und Erguß, Komposition und Schreiberei« (Vorrede). Die Betrachtungen waren der Gipfel seiner Kriegsbegeisterung, die im November 1914 mit den »Gedanken im Kriege« (»Neue Rundschau«) begonnen hatte. In der Weimarer Republik rückte Thomas Mann von seiner in den »Betrachtungen« eingenommenen nationalkonservativen Haltung wieder ab und redete fortan der Demokratie das Wort.

Seine demokratische Grundhaltung brachte ihn schnell mit den Nazis in Konflikt. Vor einer Vortragsreise im Ausland kehrte Thomas Mann 1933 nicht nach Deutschland zurück; drei Jahre später folgte die offizielle Ausbürgerung. Er lebte zunächst in der Schweiz, wo er mit Kurt Falke zusammen die Zeitschrift »Maß und Wert« herausgab, bevor er 1938 dem Ruf an die Universität Princeton (New Jersey) folgte und also in die USA übersiedelte, deren Staatsbürgerschaft er 1944 annahm. Von 1942 bis 1952 lebte er im kalifornischen Pacific Palisades; er war dort u. a. im »American Rescue Committee for Fugitives« tätig, wo er sich für deutsche Emigranten engagierte. Außerdem wandte er sich während des Krieges mit insgesamt fünfundfünfzig Radioansprachen an die Deutschen (»Deutsche Hörer! 55 Radiosendungen nach Deutschland«, Buchausgabe 1942, erweitert 1945). Während des Exils entstanden überdies: »Joseph und seine Brüder« (vier Bände, erschienen von 1933 bis 1943), »Lotte in Weimar« (1939) und »Doktor Faustus« (1947)

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Thomas Mann war nicht nur Romancier, sondern tat sich auch als Essayist hervor, u. a. mit: »Friedrich und die grosse Koalition«, 1915; »Von deutscher Republik« (1922), »Goethe und Tolstoi« (1922), »Lübeck als geistige Lebensform« (1926), »Leiden und Größe der Meister« (1935), »Deutschland und die Deutschen« (1945), »Ansprache im Goethejahr 1949« (1949), »Der Künstler und die Gesellschaft« (1953).

Zur Verleihung des Goethepreises in Frankfurt am Main und Weimar kehrte er 1949 zum ersten Mal nach sechzehn Jahren nach Deutschland zurück, wobei ihm der Besuch Weimars von vielen Seiten scharfe Kritik einbrachte. Ab 1952 lebte Thomas Mann wieder in Europa: zunächst in Erlenbach (Kanton Zürich), später in Kilchberg bei Zürich. In diese späte Phase fallen noch »Der Erwählte« (1951), «Die Betrogene« (1953) sowie die Endfassung der »Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« (1954).

Thomas Mann starb am 12. August 1955 in Kilchberg bei Zürich.

6.2. Joseph Roth (1894-1939)

Moses Joseph Roth wurde am 2. September 1894 als Sohn des Holz- und Getreidehändlers Nachum Roth in Brody bei Lemberg (Lwiw) geboren. Die galizische Stadt gehörte damals zur Habsburger Doppelmonarchie.

Nach dem Abitur in Brody immatrikulierte Joseph Roth sich 1913 für ein Germanistikstudium an der Universität Lemberg und wechselte im Jahr darauf zur Universität Wien über.

Im August 1916 kam er zum Militär, wurde aber 1917 zum Pressedienst versetzt. Sein wegen des Krieges abgebrochenes Germanistikstudium nahm Joseph Roth auch nach dem Ersten Weltkrieg nicht wieder auf. Stattdessen wurde er Journalist, zunächst bei der Wiener Zeitung "Der Neue Tag" und 1920 für verschiedene Zeitungen in Berlin. Am 5. März 1922 vermählte Joseph Roth sich mit der Wienerin Friederike Reichler. Mit ihr kehrte er 1923 in die österreichische Hauptstadt zurück und schrieb auch dort für mehrere Zeitungen. Als Feuilletonkorrespondent der "Frankfurter Zeitung" ging er 1925 nach Paris. Weil er diese begehrte Aufgabe 1926 an Friedrich Sieburg abtreten musste, entschädigte ihn die Zeitung mit einer Reportage-Reise durch die Sowjetunion.

Friederike erkrankte 1928 an Schizophrenie und musste in eine Nervenheilanstalt eingewiesen werden. (Sie wurde 1940 von den Nationalsozialisten

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ermordet.) Der Schicksalsschlag warf auch Joseph Roth aus der Bahn, und vermutlich begann in dieser Zeit seine Alkoholsucht.

1929 kündigte Joseph Roth bei der "Frankfurter Zeitung" und ließ sich von den "Münchner Neuesten Nachrichten" anstellen.

Nach der so genannten Machtergreifung Adolf Hitlers im Januar 1933 emigrierte Joseph Roth mit seiner damaligen Lebensgefährtin Andrea Manga Bell, der Tochter einer Hamburgerin und eines farbigen Kubaners, die er im August 1929 kennen gelernt hatte, nach Paris, wo er für Exilzeitungen und -zeitschriften schrieb.

Von 1936 bis 1938 lebte er mit der Schriftstellerin Irmgard Keun zusammen. Joseph Roth war nicht nur einer der bekanntesten Journalisten der zwanziger Jahre, sondern er ging darüber hinaus als Chronist des Zerfalls der k. u. k. Monarchie in die Literaturgeschichte ein. In mehreren Romanen ging es ihm um Menschen, die ihre Heimat und damit auch die Orientierung verloren haben.

Seit längerer Zeit (alkohol-)krank und verarmt, erlag Joseph Roth am 27. Mai 1939 im Hôpital Necker in Paris einer Lungenentzündung. Beigesetzt wurde er auf dem Cimetière Thiais südöstlich von Paris.

7. Inhaltsangabe des Werkes

7.1. Buddenbrooks - Verfall einer Familie (1901)

Die Buddenbrooks in Lübeck können ihren Stammbaum bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Am 7. Juli 1768 gründete Johan Buddenbrook das Familienunternehmen. Ein fast gleichnamiger Nachfahre, Johann Buddenbrook, heiratete 1795 im Alter von 30 Jahren Josephine, eine Kaufmannstochter aus Bremen, die im Jahr darauf bei der Geburt des Sohnes Gotthold starb. 1799 vermählte sich Johann Buddenbrook ein zweites Mal und zeugte mit seiner Frau Antoinette eine Tochter und einen Sohn, der ebenfalls auf den Namen "Johann" getauft wurde. Als Johann Buddenbrook junior Mitte zwanzig war, verehelichte er sich mit der etwa drei Jahre jüngeren Lübecker Patriziertochter Elisabeth ("Bethsy") Kröger.

Der Roman beginnt im Herbst 1835, kurz nachdem der Firmenchéf Johann Buddenbrook senior ein repräsentatives Anwesen in der Lübecker Mengstraße erwarb, um das Prosperieren des Getreidehandelsunternehmens zu demonstrieren.

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Nach der Einweihungsfeier für die neue Villa übergibt Johann Buddenbrook junior seinem Vater einen Brief seines Stiefbruders Gotthold, der sich bitter darüber beschwert, im Vergleich zu den beiden Kindern aus der zweiten Ehe seines Vaters zu kurz gekommen zu sein. Aber da gibt es für das Familienoberhaupt keine Diskussion, denn Gotthold heiratete gegen seinen Willen eine nicht standesgemäße Frau, die lediglich eine Leinenhandlung in der Breiten Straße -- Siegmund Stüwing & Comp. -- mit in die Ehe brachte, und Johann Buddenbrook schrieb seinem Sohn aus erster Ehe schon damals:

“Mon très cher fils, du heiratest deinen Laden, Punktum. Ich enterbe dich nicht, ich mache kein spectacle, aber mit unserer Freundschaft ist es zu Ende. Hier hast du 100 000 als Mitgift, ich vermache dir andere 100 000 im Testamente, aber damit basta. “1

Johann Buddenbrook senior zweifelt nicht daran, dass die seit Generationen aufgebaute Firma weiterhin erfolgreich sein wird. Er verkörpert die Kaufmannsideale Fleiß und Pflichterfüllung, vermeidet jede Verschwendung, ist praktisch veranlagt und denkt ans Nützliche.

Er war kein beschränkter Kopf. Er hatte ein Stück von der Welt gesehen, war Anno 13 vierspännig nach Süddeutschland gefahren, um als Heereslieferant für Preußen Getreide aufzukaufen, war in Amsterdam und in Paris gewesen und hielt, ein aufgeklärter Mann, bei Gott nicht alles für verurteilungswürdig, was außerhalb der Tore seiner giebeligen Vaterstadt lag. Abgesehen vom geschäftlichen Verkehr aber, in gesellschaftlicher Beziehung, war er mehr als sein Sohn, der Konsul, geneigt, strenge Grenzen zu ziehen und Fremden ablehnend zu begegnen.

Über seinen gleichnamigen Sohn, der sich von einem pietistischen Ethos leiten lässt, wundert er sich:

“Was seid ihr eigentlich für eine Kompanei, ihr jungen Leute, -- wie? Den Kopf voll christlicher und phantastischer Flausen ... und ... Idealismus! und wir Alten sind die herzlosen Spötter ... “ (s. 41)

1 Zitiert nach:Thomas Mann, Buddenbrooks, Verfall einer Familie, Fischer Taschenbuch

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Am 14. April 1838 wird Bethsy Buddenbrook von ihrem vierten Kind entbunden, einer Tochter, die auf den Namen Clara getauft wird. Claras ältester Bruder, Thomas, ist 12 Jahre alt, ihre Schwester Antonie ("Tony") 11 und der Bruder Christian 10.

Im Januar 1842 stirbt Antoinette Buddenbrook, und ihr Mann, Johann Buddenbrook senior, verscheidet zwei Monate später.

Ihr Enkel Thomas verlässt im Alter von 16 Jahren die Schule und tritt in das Familienunternehmen ein. Im Gegensatz zu dem ernsthaften Jugendlichen gilt der Gymnasiast Christian als albern und launenhaft. Einmal besucht er eine "Wilhelm-Tell"-Aufführung im Stadttheater, und weil ihm eine junge Schauspielerin gut gefällt, kauft er in der Pause ein Blumenbukett und überreicht es ihr in der Garderobe. Konsul Peter Döhlmann, der Geliebte der Aktrice, lacht sich darüber krank und erzählt es anschließend überall herum. Konsul Buddenbrook ist entsetzt über die Blamage der Familie.

Im Juni 1845 wirbt Bendix Grünlich, ein Geschäftspartner Johann Buddenbrooks aus Hamburg, um die 18-jährige Tony. Bethsy ist entzückt über die Umgangsformen des Bewerbers, Johann schätzt ihn als "christlich, tüchtig, tätig und feingebildet". Nur Tony mag ihn nicht; sein affektiertes Benehmen ist ihr zuwider, und als ihr die Eltern eröffnen, dass Grünlich um ihre Hand angehalten hat, stöhnt sie:

“Was will dieser Mensch von mir -- ! Was habe ich ihm getan -- ?!” (s. 94) Aber die Mutter redet auf sie ein:

“Liebe Tony, wozu dies Echauffement! Du kannst sicher sein, nicht wahr, dass deine Eltern nur dein Bestes im Auge haben, und dass sie dir nicht raten können, die Lebensstellung auszuschlagen, die man dir anbietet. Siehst du, ich nehme an, dass du noch keine entscheidenden Empfindungen für Herrn Grünlich hegst, aber das kommt, ich versichere dich, das kommt mit der Zeit ... Einem so jungen Dinge, wie du, ist es niemals klar, was es eigentlich will ... Im Kopfe sieht es so wirr aus wie im Herzen ...” (s. 94)

Kurz darauf trifft Grünlich seine Auserkorene allein an und schwärmt von dem "würdigen Leben" an seiner Seite, das er ihr bieten könne. Da schreit Tony verzweifelt:

“Nein ... nein! Ich habe ja nein gesagt! Ich gebe Ihnen einen Korb, verstehen Sie das denn nicht, Gott im Himmel?!” (s. 100)

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Sie ist froh, als ihr der Vater vorschlägt, die Ferien in der Familie des Lotsenkommandeurs Diederich Schwarzkopf in Travemünde zu verbringen. Thomas bringt sie hin. Auch Diederich Schwarzkopfs Sohn Morten, der in Göttingen Medizin studiert, ist während der Semesterferien zu Hause. Bei Spaziergängen am Strand erzählt er ihr von seinen liberalen Ansichten und dass er heimlich Mitglied einer Burschenschaft sei. Begeistert schreibt Tony ihrem Vater, sie habe sich in Morten Schwarzkopf verliebt. Er werde um ihre Hand anhalten, sobald er Arzt geworden sei. Einige Tage später erscheint Bendix Grünlich bei Diederich Schwarzkopf und beschwert sich:

“Ich höre, dass Ihr Sohn, der Herr studiosus medicinae, es sich ... unwissentlich zwar ... gestattet hat, in meine Rechte einzugreifen, ich höre, dass er die hiesige Anwesenheit des Fräuleins dazu benutzt hat, ihr gewisse Versprechungen abzugewinnen ... “(s. 140)

Der knorrige Lotsenkommandeur ruft seinen Sohn zur Ordnung und schickt ihn unverzüglich nach Göttingen.

Tony schreibt nach ihrer Rückkehr in das Stammbuch der Familie: "... verlobte sich am 22. September 1845 mit Herrn Bendix Grünlich, Kaufmann zu Hamburg" (s.147)

Anfang 1846 findet die Hochzeit statt, und im Oktober wird Tony von einer Tochter entbunden. Sie wird Erika heißen.

Um seiner Verantwortung für die Familie gerecht zu werden, trennt Thomas Buddenbrook sich von seiner Geliebten, dem Blumenmädchen Anna, und geht für einige Zeit im Auftrag der Firma nach Amsterdam. Christian wird zur weiteren Ausbildung bei einem Geschäftspartner nach London geschickt.

Trina, eine Köchin der Familie Buddenbrook, gilt als treu und bieder. Doch sie gerät offenbar unter den Einfluss ihres Liebhabers, eines politisch engagierten Schlachtergesellen, denn als Elisabeth Buddenbrook sie wegen einer missratenen Sauce tadelt, stemmt sie die nackten Arme in die Hüften und keift:

“Warten Sie man bloß, Frau Konsulin, dat duert nu nich mehr lang, denn kommt 'ne annere Ordnung in de Saak ... “ (s.163)

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Im Oktober 1848 wird auch Lübeck von der revolutionären Bewegung in Deutschland erfasst. Johann Buddenbrook gelingt es, von den Stufen des Rathauses aus beruhigend auf die erregte Menge einzureden.

Bendix Grünlich wirft seiner Frau vor, sich zu wenig um die Tochter Erika zu kümmern. Im Januar 1850 kommt es darüber zum Streit. Als Tony eine Erzieherin für das Kind verlangt, wirft er ihr vor, sie ruiniere ihn mit ihrer Verschwendung.

Bankier Kesselmeyer, der hinzukommt, lacht, als Antonie Grünlich ihm von dem Vorwurf erzählt. Er zieht sich mit ihrem Mann in ein Nebenzimmer zurück. Dort wirft er ihm vor:

“Sie haben sich Kapital ergaunert [...]. Sie haben Ihre ganze Ehrlichkeit über Bord geworfen, ohne den geringsten Nutzen davon zu haben. Sie haben ein Gewissen wie ein Schlachterhund und sind doch ein Pechvogel, ein Tropf, ein armer Narr!“ (s.193)

Am Nachmittag trifft Johann Buddenbrook ein und spricht mit seiner Tochter, während Grünlich und Kesselmeyer noch nebenan konferieren. Tony erfährt, dass Bendix Grünlich zahlungsunfähig ist. Der Vater fragt, ob sie sich inzwischen an ihren Mann gewöhnt, ihn inzwischen vielleicht sogar lieb gewonnen habe. In diesem Fall würde er den Bankrott durch Gelder aus dem Familienunternehmen verhindern.

“Ich zögere nicht, dir zu bekennen, dass ich den Schritt, der mir vor vier Jahren als klug und heilsam erschien, in dieser Stunde bereue ... aufrichtig bereue. Ich glaube, vor Gott nicht schuldig zu sein. Ich glaube, mit Pflicht getan zu haben, indem ich mich bemühte, dir eine deiner Herkunft angemessene Existenz zu schaffen ... Der Himmel hat es anders gewollt ...“ (s.201)

Antonie Grünlich antwortet:

“Ach ... was fragst du, Papa! ... Ich habe ihn niemals geliebt ... er war mir immer widerlich ... weiß du das denn nicht ...? “ (s. 202)

In diesem Augenblick kommen Grünlich und Kesselmeyer herein. Ohne Umschweife stellt Johann Buddenbrook klar, dass von ihm keine weitere Hilfe zu erwarten sei. Der Bankier verrät, Bendix Grünlich sei bereits vor vier Jahren pleite gewesen und habe sich nur durch die Mitgift seiner Frau retten können

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“Man legt dem rettenden Herrn Papa recht hübsche Bücher vor, allerliebste, reinliche Bücher, in denen alles aufs Beste bestellt ist ... nur dass sie mit der rauen Wirklichkeit nicht völlig übereinstimmen ... “ (s. 212)

Johann Buddenbrook wundert sich über die Eröffnungen Kesselmeyers, denn er habe sich damals eingehend nach dem Bräutigam seiner Tochter erkundigt. Da lacht der Bankier und klärt ihn darüber auf, dass die befragten Geschäftsleute Geld in Grünlichs Unternehmen investiert hatten und hofften, aufgrund der Eheschließung ihr eingesetztes Kapital nicht zu verlieren.

Tony kehrt ins Elternhaus nach Lübeck zurück. Ihre Ehe wird im Februar 1850 geschieden.

Im Jahr darauf segelt Christian Buddenbrook, von dem es aus London heißt, er habe sich mehr um die Zerstreuungen der Großstadt als um das Geschäft gekümmert, in die chilenische Hafenstadt Valparaiso.

Konsul Johann Buddenbrook stirbt im Spätsommer 1855. Sein 29-jähriger Sohn Thomas übernimmt das Unternehmen. Ihm steht Friedrich Wilhelm Marcus zur Seite, der langjährige Prokurist, der als Kompagnon mit einsteigt.

Im Februar 1856 kehrt Christian Buddenbrook nach achtjähriger Abwesenheit in seine Heimatstadt zurück. Thomas nimmt ihn als Prokuristen in die Firma auf, vertraut ihm die englischsprachige Korrespondenz an und ermahnt ihn, für die Angestellten im Kontor ein gutes Vorbild zu sein. Doch der jüngere Bruder schwadroniert lieber in einem Klub, in dem sich vorwiegend unverheiratete Kaufleute herumtreiben, über seine Reisen und Affären.

Gotthold Buddenbrook stirbt im Mai 1856 bei einem Herzanfall. Das Amt und der Titel des Königlich Niederländischen Konsuls geht von ihm auf seinen Neffen Thomas über.

Am 20. Juli 1856 schreibt Thomas, der sich geschäftlich in Amsterdam aufhält, seiner Mutter und kündigt seine Vermählung mit Gerda Arnoldsen an, einer Freundin seiner Schwester Tony. Es handelt sich um die Tochter eines Amsterdamer Kaufmanns, der auch hervorragend Geige spielt.

Seit dem Tod ihres Mannes hält Bethsy Buddenbrook in der Villa in der Mengstraße sogenannte "Jerusalemabende" ab, wöchentliche Andachten, an deren Ende jeweils unter den Teilnehmern für Missionszwecke gesammelt wird. Bei so einer

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Veranstaltung lernen sich die 18-jährige Clara Buddenbrook und Pastor Sievert Tiburtius aus Riga kennen. Sie heiraten im Dezember 1856.

Im März 1857 beziehen Thomas und Gerda Buddenbrook ein eigenes Haus in der Breiten Straße.

Tony, die einer Einladung ihrer in München mit einem Brauereidirektor namens Niederpaur verheirateten Freundin Eva (Ewers) gefolgt war, kehrt Ende April zu ihrer Mutter in das Anwesen in der Mengstraße zurück, wo auch das Kontor der Firma verblieben ist. Bald darauf erscheint der 40 Jahre alte Münchner Hopfenhändler Alois Permaneder, den Tony während ihres Besuchs bei Eva Niederpaur kennen gelernt hat. Er verwirrt Bethsy mit seiner unverwüstlich guten Laune, seinem ungeschliffenen Benehmen und seiner ihr kaum verständlichen Mundart ("Es ist halt a Kreiz!" (s. 308) ). In der für Alois Permaneder fremden Umgebung geniert die noch immer recht naive Tony sich für ihn, aber sie ist bereit, ihm als Ehefrau nach München zu folgen. Thomas Buddenbrook zieht Erkundigungen über Permaneders Firma X. Noppe & Comp. ein und ist zufrieden, als sich herausstellt, dass es sich um eine zwar kleine, aber solide Firma mit hübschen Gewinnen handelt. Zusammen mit der Mitgift Tonys wird es für ein gutbürgerliches Leben ohne Luxus reichen.

Im Herbst feiert Tony ihre zweite Vermählung. In Briefen berichtet sie ihrer Mutter von den sprachlichen Schwierigkeiten. Das Hausmädchen habe sie entlassen, weil es immer gleich grob geworden sei. Vielleicht habe sie das auch falsch eingeschätzt, "denn man weiß hier nicht recht, ob die Leute eigentlich grob oder freundlich reden" (s. 340). Das neue Hausmädchen heiße Babette -- bzw. Bábett, wie man in München sage.

Sobald Tonys Mitgift eintrifft, beschließt Alois Permaneder, sein Kapital aus der Firma zu nehmen und sich zur Ruhe zu setzen: "Von morgen ab mach' i Schluss und werd' Privatier!" (s. 341) Tony ist bestürzt darüber, es kommt zum Streit, aber sie kann ihren Mann nicht umstimmen.

In der Nacht vom 24./25. November 1859 ertappt sie ihn mit Bábett im Treppenhaus. Unverzüglich reist sie nach Lübeck zurück. Ihr Bruder Thomas wirft ihr vor, durch ihr Verhalten aus einer Bagatelle einen Skandal zu machen. Schließlich wisse niemand von dem Vorfall. Zornig entgegnet Tony:

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“Wie? ist nur das Schande und Skandal im Leben, was laut wird und unter die Leute kommt? Ach nein! Der heimliche Skandal, der im Stillen an einem zehrt und die Selbstachtung wegfrisst, der ist viel schlimmer! Sind wir Buddenbrooks Leute, die nach außen hin "tipptopp" sein wollen, wie ihr hier immer sagt, und zwischen unseren vier Wänden dafür Demütigungen hinunterwürgen? “ (s. 359)

Der Rechtsanwalt Dr. Gieseke klärt sie darüber auf, dass der Vorfall als Scheidungsgrund nicht ausreiche. Doch Alois Permaneder willigt in die erbetene Scheidung ein und gibt auch die Mitgift freiwillig zurück.

Missbilligend beobachtete Thomas Buddenbrook die Eskapaden seines Bruders Christian. Nachdem dieser im Frühjahr 1857 in einer Gesellschaft die Meinung geäußert hatte, eigentlich handele es sich bei jedem Geschäftsmann um einen Gauner, stellte er ihn zur Rede. Weil Christian klagte, ihm fehle es an Selbstständigkeit, einigte man sich auf seinen Einstieg bei der Firma H. C. F. Burmeester & Comp. in Hamburg. Anfang Juni 1857 reiste er dorthin. Aber Christian verbraucht mehr Geld, als die schlechten Geschäfte abwerfen. Mit Aline Puvogel, die bereits zwei Kinder von anderen Männern hat, zeugt er eine Tochter, die 1859 geboren wird. Zwei Jahre später begleicht Christian mit Hilfe der Mutter seine Schulden in Hamburg und tritt erneut eine Stelle in London an.

Am 15. April 1861 können Gerda und Thomas Buddenbrook endlich die Geburt eines Stammhalters feiern: Justus Johann Kaspar ("Hanno").

Nach dem Tod des Lübecker Senators James Möllendorpf setzt Thomas Buddenbrook sich bei der Wahl des Nachfolgers im Februar 1862 gegen seinen Rivalen Hermann Hagenström durch. Daraufhin plant er ein neues Haus in der Fischergrube, mit dessen Bau im Jahr darauf begonnen wird.

Clara Tiburtius stirbt im Juli 1864 in Riga an Gehirntuberkulose. Ohne sich mit ihrem Sohn darüber abzustimmen, überlässt Elisabeth Buddenbrook dem Witwer das Erbe, das ihrer Tochter zugestanden hätte. Thomas ist entsetzt über die Eigenmächtigkeit, die bedeutet, dass dem Familienunternehmen beträchtliches Kapital entzogen wird.

Tonys im Internat erzogene Tochter Erika ist 20, als der fast doppelt so alte Direktor der Städtischen Feuerversicherungsgesellschaft im Januar 1867 um ihre Hand anhält. Hugo Weinschenk stammt aus Schlesien und trägt kleinbürgerliche, nicht immer

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ganz reinliche Kleidung. Die Hochzeit findet im April statt. Tony zieht ebenfalls bei Hugo Weinschenk ein, um ihrer unerfahrenen Tochter im Haushalt zur Seite zu stehen. Neun Monate nach der Eheschließung wird Erika von einer Tochter entbunden (Elisabeth).

Hanno bereitet seinen Eltern Sorgen, weil er erschreckend langsam geht und spricht. Die Ärzte sprechen von einer "Gehirnaffektion".

Das Getreidehandelsunternehmen Buddenbrook musste vor allem 1866 einige schwere Verluste verkraften. Die Existenz stand allerdings zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Frage. Im Frühjahr 1868 drängt Tony ihren Bruder Thomas, dem Ehemann einer Freundin zu helfen. Ralf von Maiboom, der Gutsherr von Pöppenrade bei Rostock, hat Spielschulden und wird von seinen Gläubigern bedrängt. Um rasch Geld aufzutreiben, bietet er die diesjährige Ernte bereits jetzt zum Verkauf an. Senator Buddenbrook will zunächst nichts von dem Vorschlag wissen; dann überlegt er, dass er mit einem erfolgreichen Coup dieser Art einen neuen Aufschwung einleiten könnte. Am 30. Mai reist er nach Pöppenrade und schließt das riskante Geschäft ab.

Während der 100-Jahr-Feier des Unternehmens am 7. Juli 1868 erfährt er durch eine Depesche, dass die gesamte Ernte in Pöppenrade durch einen Hagelsturm vernichtet wurde.

Gerda Buddenbrook, die das musikalische Talent ihres Vaters geerbt hat, musiziert häufig zusammen mit Edmund Pfühl, dem Organisten der St.-Marien-Kirche, und als sie merkt, wie aufmerksam Hanno der Musik lauscht, beauftragt sie Edmund Pfühl, ihm Klavierunterricht zu erteilen.

Einmal legt sie Klavierauszüge aus Richard Wagners Oper "Tristan und Isolde" auf. Nach fünfundzwanzig Takten springt Pfühl auf und eilt "mit allen Anzeichen des äußeren Ekels zwischen Erker und Flügel hin und wider". (s. 465)

“Ich spiele dies nicht, gnädige Frau, ich bin Ihr ergebener Diener, aber ich spiele dies nicht! Das ist keine Musik ... glauben Sie mir doch ... ich habe mir immer eingebildet, ein wenig von Musik zu verstehen! Dies ist das Chaos! Dies ist Demagogie, Blasphemie und Wahnwitz! Dies ist das Ende aller Moral in der Kunst! Ich spiele es nicht! “ (s. 465)

An seinem achten Geburtstag trägt Hanno zusammen mit seiner Mutter im Familienkreis eine eigene kleine Komposition vor.

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“Thomas Buddenbrook war in seinem Herzen nicht einverstanden mit dem Wesen und der Entwicklung des kleinen Johann.” (s. 474)

Die Musik steht als "feindliche Macht" zwischen ihm und seinem Sohn.

Eines Tages blättert Hanno im Familienstammbuch und findet als Letztes den Eintrag über seine Geburt. Darunter zieht er mit dem Federhalter seiner Mutter einen “schönen, sauberen Doppelstrich” (s. 488), wie er es in der Schule gelernt hat. Vom Vater zur Rede gestellt, stammelt er: “Ich glaubte ... ich glaubte ... es käme nichts mehr ...” (s. 489)

Hugo Weinschenk wird im Januar 1871 zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, obwohl das Geschäftsgebahren, für das er bestraft wird, unter den meisten Kaufleuten als “Usance” gilt.

Im Herbst erliegt Elisabeth Buddenbrook einer Lungenentzündung. Während ihre Leiche in einem Zimmer der Villa in der Mengstraße aufgebahrt ist, streiten sich nebenan Thomas und Christian im Beisein Tonys. Christian Buddenbrook will Aline, die Mutter seiner Tochter Gisela, heiraten. Der Senator droht ihm, den Rest des Erbes für ihn zu verwalten und ihm nur einen monatlichen Betrag zukommen zu lassen. Eine Adoption bzw. Legitimation der drei Kinder von Aline Puvogel werde er zu verhindern wissen. Auf keinen Fall dürfe dadurch ein Teil des Familienerbes verloren gehen.

Das Anwesen in der Mengstraße, das zu je einem Viertel an Thomas, Christian, Tony und Pastor Sievert Tiburtius in Riga fällt, wird von dem Makler Sigismund Gosch erworben und ausgerechnet dem Großhändler und Königlich Portugiesischen Konsul Hermann Hagenström weiter verkauft, der -- wie sein Großvater und sein Vater -- zu den entschlossensten Konkurrenten der Getreidefirma Buddenbrook zählt.

Thomas Buddenbrooks Dasein war kein anderes mehr als das eines Schauspielers, eines solchen aber, dessen ganzes Leben bis auf die geringste und alltäglichste Kleinigkeit zu einer einzigen Produktion geworden ist, einer Produktion, die mit Ausnahme einiger weniger und kurzer Stunden des Alleinseins und der Abspannung beständig alle Kräfte in Anspruch nimmt und verzehrt.

Thomas Buddenbrook bereut inzwischen, dass er schon mit 16 die Schule verließ und in das Familienunternehmen eintrat. Doch Hanno will er das Gymnasium ersparen, denn der Junge schafft in der Schule nur mit Mühe die Versetzung.

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Weil Hanno an Anämie leidet, fährt Gerda jeden Sommer mit ihm nach Travemünde an die See.

Aufgrund eines Gnadengesuches kommt Hugo Weinschenk bereits ein halbes Jahr vor dem Ablauf seiner regulären Haftzeit frei. Erika und Tony, die sich inzwischen ohne ihn eingerichtet haben, nehmen die Nachricht emotionslos hin. Weinschenk ist ein gebrochener Mann. Allein reist er nach London und schreibt von dort, er werde sich wieder melden, wenn er seiner Ehefrau und seiner Schwiegermutter eine angemessene Existenz bieten könne. Sie hören nie wieder von ihm.

Über Gerda Buddenbrook wird getuschelt. Häufig ist René Maria von Throta bei ihr zu Besuch, ein Infanterieleutnant, der in der Garnison als Einzelgänger gilt, nicht zuletzt wegen seiner Musikbegeisterung. Wenn Senator Buddenbrook die beiden musizieren hört, sorgt er sich vor dem heimlichen und dem öffentlichen Skandal, aber er unternimmt nichts.

Christian Buddenbrook klagt bereits seit Jahrzehnten über verschiedene Schmerzen. Sein Gesundheitszustand zwingt ihn schließlich, auch seine Champagner- und Cognac-Agentur aufzugeben. Es war seine letzte kaufmännische Tätigkeit.

Auch sein älterer Bruder fühlt sich in letzter Zeit nicht wohl. Er leidet unter Schlaflosigkeit, mitunter auch Schwindel und Schüttelfrost. Im Januar 1875 sucht er einen Zahnarzt auf, der ihm beim Versuch einer Zahnextraktion die Krone abbricht und die im Kiefer verbliebenen vier Wurzeln erst in den nächsten Tagen ziehen will. Auf dem Heimweg stürzt Senator Thomas Buddenbrook und schlägt sich das Gesicht auf. Man bringt ihn nach Hause, wo er stirbt.

Seine frühere Geliebte Anna, die inzwischen mit ihrem Mann Iwersen selbst einen Blumenladen führt, liefert mehrmals am Tag Blumen und erhascht dabei auch einen Blick auf die aufgebahrte Leiche.

In seinem Testament hat Thomas Buddenbrook angeordnet, das Familienunternehmen aufzulösen. Aufgrund von überstürzten und unvorteilhaften Verkäufen bleiben die Erlöse weit unter den Erwartungen.

Ein Jahr nach dem Tod seines Bruders zieht Christian Buddenbrook nach Hamburg und heiratet Aline Puvogel. In einem gehässigen Brief schreibt Tony ihrer Schwägerin, sie werde sie und ihre Kinder niemals als Familienangehörige anerkennen.

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Auch das von Thomas Buddenbrook gebaute Haus wird weit unter Wert verkauft. Gerda, die nach dem Tod ihres Mannes mit Hanno zu ihrem Vater nach Amsterdam ziehen wollte, aber von Tony zurückgehalten wurde, bezieht im Herbst 1876 eine kleine Villa vor dem Burgtor

Nach mehr als vierzig Jahren in den Diensten der Familie Buddenbrook gibt es für die Hausangestellte Ida Jungmann nichts mehr zu tun. Sie kehrt in ihre westpreußische Heimat zurück, um ihren Lebensabend bei Verwandten zu verbringen.

Christian Buddenbrook wird mit Wahnideen und Zwangsvorstellungen in eine Anstalt eingewiesen.

Im Alter von 16 Jahren stirbt Hanno an Typhus.

Ein halbes Jahr später kehrt Gerda Buddenbrook nach Amsterdam zurück. Tony bleibt mit ihrer Tochter Erika allein in Lübeck zurück.

7.2. Radetzkymarsch (1932)

Am 24. Juni 1859 kämpfen die Österreicher bei Solferino südlich des Gardasees gegen Piemontesen und Franzosen. In einer Kampfpause hebt der achtundzwanzigjährige Kaiser Franz Joseph I. einen Feldstecher, um sich umzusehen.

“[...] wer einen Feldstecher hob, gab [...] zu erkennen, dass er ein Ziel sei, würdig getroffen zu werden.”2

Ein junger Infanterieleutnant reißt den Kaiser zu Boden, und wird im nächsten Augenblick von der dem Kaiser zugedachten Kugel in die linke Schulter getroffen. Dafür, dass der aus dem Dorf Sipolje stammende slowenische Offizier ihm das Leben gerettet hat, befördert Kaiser Franz Joseph ihn zum Hauptmann, verleiht ihm den Maria-Theresia-Orden und erhebt ihn in den Adelsstand: Joseph Trotta von Sipolje darf dieser sich jetzt nennen.

Trottas Großvater war ein kleiner Bauer. Sein Vater verlor als Gendarmeriewachtmeister im Kampf gegen bosnische Schmuggler ein Auge und schneidet jetzt als Militärinvalide die Hecken im Park des Schlosses Laxenburg. Der Adel vergrößert die Distanz zwischen Vater und Sohn.

2 Zitiert nach: Joseph Roth, Radetzkymarsch, Deutscher Taschenbuch Verlag , München, September,

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Joseph Trotta von Sipolje heiratet die nicht mehr ganz junge, begüterte Nichte eines Obersten und zeugt mit ihr einen Sohn, der auf den Namen Franz getauft wird.

Im Lesebuch seines inzwischen fünf Jahre alten Sohnes entdeckt Trotta ein Stück mit dem Titel “Kaiser Franz Joseph I. in der Schlacht bei Solferino” (s. 13). Neugierig liest er es – und beschwert sich wütend beim Kultus- und Unterrichtsministerium in Wien, denn das historische Ereignis ist völlig falsch dargestellt. Obwohl Trotta nicht bei der Kavallerie, sondern bei der Infanterie war, heißt es da, er sei dem im Eifer des Gefechts zu weit vorgedrungenen Kaiser auf seinem Fuchs zu Hilfe geeilt und habe mit ihm zusammen heldenhaft die feindlichen Reiter zurückgeschlagen. Als die Beamten sich auf den Hinweis beschränken, dass man die Lesebuch-Texte kindgerecht aufbereiten müsse, ersucht Trotta auf dem Dienstweg um eine Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. Der rät ihm, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen.

“Aber schlecht kommen wir beide dabei nicht weg! Lassen S' die Geschicht'!” (s.17)

Trotta reicht jedoch seinen Abschied bei der Armee ein. Durch die Gunst des Kaisers wird er als Major entlassen, in den Freiherrnstand erhoben und erhält für seinen Sohn ein Stipendium. Joseph Trotta Freiherr von Sipolje zieht sich auf das kleine Gut seines Schwiegervaters in Böhmen zurück

Bald darauf sterben innerhalb kurzer Zeit sein Vater, sein Schwiegervater und schließlich seine Frau. Trotta schickt seinen Sohn auf ein Pensionat in Wien und verfügt, dass Franz niemals aktiver Soldat werden dürfe.

Als Franz sechzehn ist, bringt er in den Ferien einen Freund mit, den gleichaltrigen Maler Moser. Der malt ein Porträt des Freiherrn.

Baron Franz von Trotta und Sipolje studiert Jura, wird Bezirkskommissär in Schlesien und bringt es in der Stadt W. in Mähren zum Bezirkshauptmann. Zu diesem Zeitpunkt ist sein Vater bereits gestorben. Den Diener Jacques und die Hausdame Fräulein Hirschwitz hat der Bezirkshauptmann übernommen. Baron Franz von Trotta und Sipolje fühlt sich durch und durch als pflichtbewusster Beamter des Kaisers und benimmt sich entsprechend diszipliniert.

“Manchmal schwenkte der Bezirkshauptmann ein bisschen den Stock, es war die Andeutung eines Übermuts [...]” (s. 45-46)

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Jeden Sonntag gibt es Tafelspitz, und am Nachmittag macht der Kapellmeister Nechwal, der sonntags immer den Radetzkymarsch von Johann Strauß Vater dirigiert, dem Bezirkshauptmann seine Aufwartung.

“Er [Nechwal] hatte drei Kinder und eine Frau “aus einfachen Verhältnissen”, aber er selbst stand im vollsten Glanz der Welt, losgelöst von den Seinen. Er genoss und erzählte jüdische Witze mit pfiffigem Behagen. Der Bezirkshauptmann verstand sie nicht, lachte auch nicht, sagte aber: “Sehr gut, sehr gut!”– “Wie geht es Ihrer Frau Gemahlin?”, fragte Herr von Trotta regelmäßig. Seit Jahren stellte er diese Frage. Er hatte Frau Nechwal nie gesehen, er wünschte auch nicht, der “Frau aus einfachen Verhältnissen” jemals zu begegnen. Beim Abschied sagte er immer zu Herrn Nechwal: “Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin, unbekannterweise!” Und Herr Nechwal versprach, die Grüße auszurichten, und versicherte, dass sich seine Frau sehr freuen würde.” Und wie geht es Ihren Kindern?”, fragte Herr von Trotta, der immer wieder vergaß, ob es Söhne oder Töchter waren. "Der Älteste lernt gut!", sagte der Kapellmeister. “Wird wohl auch Musiker?", fragte Herr von Trotta mit leiser Geringschätzung.” (s. 37)

Carl Joseph, der Sohn des Bezirkshauptmanns, der seinen Großvater nur von dem an einer Wand hängenden Porträt her kennt, wird eines Tages von Katharina ("Kathi") Luise Slama, der Ehefrau des Wachtmeisters Slama, verführt. Fast jeden Nachmittag schleicht der Jugendliche sich von da an zu seiner Geliebten.

Nach dem Schulabschluss wird Carl Joseph Leutnant zu den Ulanen versetzt, und präsidentiert sich in voller Paradeuniform seinem Vater.

“Der Bezirkshauptmann saß in seinem Arbeitszimmer. "Mach dir's bequem!", sagte er. Er legte den Zwicker ab, zog die Augenlider zusammen, erhob sich, musterte seinen Sohn und fand alles in Ordnung. Er umarmte Carl Joseph, sie küssten sich flüchtig auf die Wangen. "Nimm Platz!", sagte der Bezirkshauptmann und drückte den Leutnant in einen Sessel. Er selbst ging auf und ab durchs Zimmer. Er überlegte einen passenden Anfang. Ein Tadel war diesmal nicht anzubringen, mit einem Ausdruck der Zufriedenheit konnte man nicht beginnen. “ (s. 44)

Als Katharina Slama stirbt, gehört es sich, dass auch der Sohn des Bezirkshauptmanns dem Witwer einen Kondolenzbesuch abstattet. Beide Männer versuchen ihre Verlegenheit zu überspielen. Der Wachtmeister bittet den Baron in den

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Salon und bewirtet ihn mit Himbeerwasser. Als der Leutnant bereits wieder am Gartentor ist, reicht der Wachtmeister ihm ein Päckchen mit den Briefen, die Carl Joseph seiner Geliebten geschrieben hatte.

“Er hält ein blaues Päckchen kreuzweis mit silbernen Bindfaden verschnürt. "Das ist für Sie, Herr Baron!", sagt er, die Augen niedergeschlagen. "Bitte um Entschuldigung! Der Herr Bezirkshauptmann hat's angeordnet. Ich hab's damals gleich hingebracht. Der Herr Bezirkshauptmann hat's schnell überflogen und gesagt, ich soll's persönlich übergeben!" “ (s. 69)

Das Leben der Offiziere spielt sich zwischen dem Exerzierplatz und dem Kasino ab. Zwischendurch besuchen sie das Bordell der Resi Horwath, die den Radetzkymarsch auf dem Klavier klimpern lässt, sobald die Herren auftauchen.

Carl Joseph befreundet sich mit dem Regimentsarzt Max Demant. Dessen Großvater war ein jüdischer Schankwirt in Galizien. Sein Vater brachte es nach zwölfjähriger Dienstzeit bei der Landwehr zum mittleren Beamten im Postamt eines Grenzstädtchens. Demant weiß, dass er von seiner Ehefrau Eva fortwährend betrogen wird, aber er liebt sie.

Eines Abends, als Trotta zu einem Rendezvous geht, begegnet er vor dem Theater Eva Demant. Da sie allein ist, hält er es für seine Kavalierspflicht, sie nach Hause zu begleiten. Sie kommen am Kasino vorbei und werden dort von Offizieren gesehen. Daraufhin ärgert Rittmeister Graf Tattenbach den Regimentsarzt mit anzüglichen Bemerkungen. Die Ehre verlangt es schließlich, dass sie sich duellieren. Bei dem Duell im Morgengrauen – einem gleichzeitigen Schusswechsel aus zehn Schritt Entfernung – werden beide Kontrahenten tödlich getroffen.

Demant hinterlässt Trotta seinen Säbel und seine Taschenuhr. Obwohl zwischen Trotta und der Frau seines Freundes nichts vorfiel, macht der Leutnant sich Vorwürfe, weil er so unvorsichtig war, mit ihr am Kasino vorbeizugehen. Er lässt sich zu einem zwei Meilen von der russischen Grenze entfernten Jägerbataillon versetzen. Als er sich vor seiner Abreise höflich von Eva Demant verabschiedet, trifft er mit ihrem Vater zusammen. Herr Knopfmacher, dessen Aufgabe es nun ist, seine Tochter neu zu vermählen, hält nichts von Duellen:

"Es ist etwas nicht mehr Zeitgemäßes, entschuldigen Sie schon, an diesem Ehrenkodex! Wir sind immerhin im zwanzigsten Jahrhundert, bedenken Sie! Wir haben

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das Grammophon, man telefoniert über hundert Meilen, und Blériot und andere fliegen sogar schon in der Luft! Und, ich weiß nicht, ob Sie auch Zeitung lesen und in der Politik beschlagen sind: man hört so, dass die Konstitution gründlich geändert wird. Seit dem allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht ist allerlei vorgegangen, bei uns und in der Welt." (s. 148)

In der Nähe des Jägerbataillons ist auch noch ein Dragonerregiment stationiert, und in den Wäldern entlang der Grenze reiten die Sotnias der Grenzkosaken. Die Offiziere treffen sich montags und donnerstags bei dem vierzigjährigen Grafen Wojciech Chojnicki zu einem "kleinen Abend", und einmal im Monat veranstaltet der Aristokrat ein größeres Fest – allerdings nur im Sommer, denn die Wintermonate verbringt Chojnicki an der Riviera. “Seit Jahren war er Reichsrats-Abgeordneter, regelmäßig wiedergewählt von seinem Bezirk, alle Gegenkandidaten schlagend mit Geld, Gewalt und Überrumpelung, Günstling der Regierung und Verächter der parlamentarischen Körperschaft, der er angehörte. Er hatte nie eine Rede gehalten und nie einen Zwischenruf getan. Ungläubig, spöttisch, furchtlos und ohne Bedenken pflegte Chojnicki zu sagen, der Kaiser sei ein gedankenloer Greis, die Regierung eine Bande von Trotteln, der Reichsrat eine Versammlung gutgläubiger und pathetischer Idioten, die staatlichen Behörden bestechlich, feige und faul. Die deutschen Österreicher waren Walzertänzer und Heurigensänger, die Ungarn stanken, die Tschechen waren geborene Stiefelputzer, die Ruthenen verkappte und verräterische Russen, die Kroaten und Slowenen, die er "Krowoten und Schlawiner" nannte, Bürstenbinder und Maronibrater und die Polen, denen er ja selbst angehörte, Courmacher, Friseure und Modefotografen.” (s. 164)

Statt "Seine Majestät" sagt Chojnicki einfach "Franz Joseph", wenn er vom Kaiser spricht. Der Graf befürchtet, dass das Habsburger Reich "in hundert Stücke" zerfällt, sobald Franz Joseph I. tot ist:

"Der Balkan wird mächtiger sein als wir. Alle Völker werden ihre dreckigen kleinen Staaten errichten, und sogar die Juden werden einen König in Palästina ausrufen. In Wien stinkt schon der Schweiß der Demokraten [...]" (s. 164)

Als Baron Franz von Trotta und Sipolje einmal seinen Sohn in der Garnisonsstadt besucht und Graf Chojnicki reden hört, meint er verwirrt: "Wie sollte die Monarchie nicht mehr da sein?"

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"Natürlich!", erwiderte Chojnicki. "Wörtlich genommen, besteht sie noch. Wir haben noch eine Armee" – der Graf wies auf den Leutnant – "und Beamte" – der Graf zeigte auf den Bezirkshauptmann. "Aber sie zerfällt bei lebendigem Leibe. Sie zerfällt, sie ist schon zerfallen! Ein Greis, dem Tode geweiht, von jedem Schnupfen gefährdet, hält den alten Thron, einfach durch das Wunder, dass er auf ihm noch sitzen kann. Wie lange noch, wie lange noch? Die Zeit will uns nicht mehr! Diese Zeit will sich erst selbstständige Nationalstaaten schaffen! Man glaubt nicht mehr an Gott. Die neue Religion ist der Nationalismus. Die Völker gehn nicht mehr in die Kirchen. Sie gehn in nationale Vereine. Die Monarchie, unsere Monarchie, ist gegründet auf der Frömmigkeit: auf dem Glauben, dass Gott die Habsburger erwählt hat, über soundso viele christliche Völker zu regieren. Unser Kaiser ist ein weltlicher Bruder des Papstes, es ist Seine k. u. k. Apostolische Majestät, keine andere als er: apostolisch, keine andere Majestät in Europa so abhängig von der Gnade Gottes und vom Glauben der Völker an die Gnade Gottes." (s. 195-196)

Einige Zeit später stirbt Jacques, der inzwischen zweiundachtzig Jahre alte Diener des Bezirkshauptmanns, der erst jetzt erfährt, dass der Bedienstete, den er von seinem Vater übernommen hatte, gar nicht Jacques hieß, sondern Franz Xaver Joseph Kromichl. Baron Franz von Trotta und Sipolje sucht nach Ersatz, aber damit tut er sich schwer.

“Es erwies sich jedoch schon nach einigen Tagen, dass die Aloise, die Alexanders, die Josephs und die anderen auf den großen Namen Jacques nicht hören wollten.” (s. 277)

Leutnant Trotta bürgt für Darlehen, die Hauptmann Wagner immer wieder bei einem Mann namens Kapturak aufnimmt, und zwar in der Hoffnung, das beim Spiel verlorene Geld durch neue Einsätze zurückgewinnen zu können.

Um Trotta wenigstens vorübergehend von Wagner wegzukriegen, ersucht ihn Graf Chojnicki, seine Freundin Valerie ("Wally") von Taußig, die Witwe eines verstorbenen Rittmeisters und Ehefrau eines geistesgestörten Fabrikanten, nach Wien zu begleiten. Während der Bahnfahrt verführt die Zweiundvierzigjährige den jungen Leutnant und wird seine Geliebte.

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Nach seiner Rückkehr schlägt Leutnant Trotta mit seinem Zug zögerlich eine Demonstration streikender Arbeiter nieder. Tote und Verletzte bleiben auf der Straße liegen. Trotta selbst wird mit einem Schädelbruch und einer Fraktur des linken Schlüsselbeins (!) ins Spital gebracht, wo er auch noch an einer Gehirnhautentzündung erkrankt. Oppositionspolitiker in Wien verlangen eine Untersuchung gegen ihn und das Jägerbataillon, aber Kaiser Frank Joseph I. entscheidet: "Günstig erledigen." (s. 261)

Vier Wochen nach Trottas Entlassung aus dem Spital besucht der Kaiser das Jägerbataillon. Leutnant Trotta steht vor seinem angetretenen Zug. Weil dem Monarchen auffällt, wie krank er aussieht, erkundigt er sich bei Major Zoglauer nach ihm und wendet sich dann an ihn:

"Ich erinnere mich noch gut an Ihren Vater!", sagte der Kaiser zu Trotta. "Er war sehr bescheiden, der Held von Solferino!" – "Majestät", erwiderte der Leutnant, "es war mein Großvater!" (s. 275)

Wegen geplatzter Wechsel von spielsüchtigen Kameraden, aber auch eigenen Ausgaben, beispielsweise für seine Geliebte in Wien, schuldet Trotta dem Geldverleiher Kapturak schließlich 7250 Kronen. Als dieser auf einer zumindest teilweisen Rückzahlung besteht, gerät der Leutnant in Wut und zieht seinen Säbel.

Nach diesem Vorfall muss Trotta mit einer unehrenhaften Entlassung rechnen. Verzweifelt wendet er sich an seinen Vater. Den hätte die Nachricht vom Soldatentod seines Sohnes weniger erschüttert als die über einen möglichen Ehrverlust. Baron Franz von Trotta und Sipolje reist nach Wien und erhält eine Audienz bei Kaiser Franz Joseph unmittelbar vor dessen Aufbruch nach Ischl, wo er die Sommermonate zu verbringen pflegt. Der Bezirkshauptmann erinnert den Kaiser daran, dass sein Sohn Leutnant bei den Jägern in B. ist.

"Ah so, ah so!", sagte der Kaiser. "Das ist der junge Mann, den ich bei den letzten Manövern gesehen hab! Ein braver Mensch!" Und da sich seine Gedanken etwas verwirrten, fügte er hinzu: "Er hat mir beinah das Leben gerettet. Oder waren Sie es?" "Majestät! Es war mein Vater, der Held von Solferino!", sagte der Bezirkshauptmann, indem er sich noch einmal verneigte

"Wie alt ist er jetzt?", fragte der Kaiser. "Die Schlacht bei Solferino. Das war doch der mit dem Lesebuch?"

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Plötzlich fällt dem Kaiser ein, dass er wegen der bevorstehenden Abreise nach Ischl in Eile ist.

"Es ist gut! Es wird alles erledigt! Was hat er denn angestellt? Schulden? Es wird erledigt! Grüßen Sie Ihren Papa!"

”Mein Vater ist tot, Majestät!", sagte der Bezirkshauptmann. "So, tot!", sagte der Kaiser. "Schade, schade!" (s. 343)

Die Schulden des Leutnants werden beglichen, und Kapturak muss die Garnisonsstadt verlassen. Nach diesem unverdient glücklichen Abschluss der Affäre teilt Carl Joseph von Trotta seinem Vater mit, er wolle seinen Dienst bei der Armee quittieren. Der Bezirkshauptmann fragt seinen Schachpartner Dr. Skowronnek um Rat, und der zeigt Verständnis für die Absicht des Leutnants.

"Er könnte", meinte Doktor Skowronnek, "vielleicht bei der Eisenbahn unterkommen!

Der Bezirkshauptmann sah im nächsten Augenblick seinen Sohn in der Uniform eines Schaffners, eine Zange zum Knipsen der Fahrkarten in der Hand. Das Wort "unterkommen" jagte einen Schauer durch sein altes Herz. (s.292)

In die Vorbereitungen eines Sommerfestes in B. platzt das Gerücht, auf Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Gemahlin Sophie sei am 28. Juni 1914 in Sarajewo ein Attentat verübt worden. Unvermittelt wechseln die magyarischen Offiziere ins Ungarische, und als der slowenische Rittmeister Jelacich sie ermahnt, die Unterhaltung auf Deutsch fortzusetzen, entgegnet Graf Benkyö in deutscher Sprache:

"Wir sind übereingekommen, meine Landsleute und ich, dass wir froh sein können, wann das Schwein hin ist!" (s. 363)

Trotta erhält seinen Abschied und zieht in ein Häuschen des Grafen Chojnicki, das er sich mit dem Unterförster Jan Stepaniuk teilen muss. Als Gegenleistung kümmert er sich um die Abrechnungen des Grafen für die Lohnarbeiter und den Bedarf der Gäste. Als der Krieg beginnt, zieht Trotta seine Uniform wieder an und meldet sich bei seinem Jägerbataillon zurück, das noch in derselben Nacht abmarschiert. Ohne dass es zu einer Schlacht gekommen wäre, wird nach drei Tagen der Rückzug befohlen. Die Soldaten sind erschöpft und halb verdurstet, als sie endlich einen Brunnen entdecken. Die ersten laufen hin – und werden von feindlichen Reitern erschossen. Leutnant Trotta befiehlt seinem Zug, anzuhalten, lässt sich zwei Eimer aus wasserdichtem Leinen geben

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und geht persönlich zum Brunnen, um für seine Männer Wasser zu schöpfen. Die gegnerischen Kugeln ignoriert er. Auf dem Rückweg wirft ein Kopfschuss ihn zu Boden. Die Eimer laufen aus.

Der Bezirkshauptmann kann es nicht fassen, dass sein Sohn mit Wassereimern in den Händen gefallen ist.

Kaiser Franz Joseph I. stirbt am 21. November 1916. An dem Tag, an dem er in der Kapuzinergruft bestattet wird, schliest auch Baron Franz von Trotta und Sipolje für immer die Augen. Dr. Skowronnek meint: "Ich glaube, sie konnten beide Österreich nicht überleben." (s. 404)

8. Beziehungen zwischen Werk und Epoche 8.a. Buddenbrook (1901)

Mit der Börsenkrise im Jahre 1873 entwickelte sich der Industrialisierungs-, Kolonie- und Marktkampf, welches im Inn- und Ausland zu Krisenzeiten führte. Die empfindlichen Denker konnten sofort bemerken dass sich dieser Kampf hinter der Kriegsfront entwickelte. Damit deklarierte gleichzeitig das Ende des 19.Jarhundertes, ein Ende einer Epoche, welches einen Pessimismus hervorgebracht hat. Der Eindruck, ein Mitglied des epochalen Endes zu sein, tritt als Dekadenzgefühl auf. Mit einem veralterten, ermüdeten und erkrankten Naturalismus (1880-1915) werden in den Werken soziale Verdorbenheiten durchgenommen und momentane Darstellungen abgegeben. Der Impressionismus, das sich in den letzen zehn Jahren des 19.Jahrhunderts vom Naturalismus umgewandelt hat, und auch die neuen Anschauungen konnten die Auffassungs- und Ausdrucksweise des Naturalismus nicht völlig erlöschen.Einige Werke von Thomas Mann zeigen, dass der Einfluss des Naturalismus fortläuft. 3

Der Roman gewann durch den Naturalismus an Interesse. Die entgegengesetzten Anschauungen schreiben Romane mit langen Erzählungen. Durch die Weitergabe der Lebensgeschichte einer Familie über Generationen erreicht Thomas Mann den geschlossenen Stil. Deutschland versuchte die Verspätung bezüglich des Entwicklungs zeitalters durch die schnelle Industriealisierung zu überwinden. Durch die

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Industriekonkurrenz mit England erhöhte die Spannung auf den europäischen Markten. Im 20.Jahrhundert gewinnt das Stadtwesen durch die Industriealisierung an Wichtigkeit. Die Großstadtrealität bringt mit sich die Begriffe wie “Vereinzelung”, ”Vereinsamung”, ”Verfall” mit. Dies zeigt sich in der Sprache, im Stil und in den Themen.Dies werden wir bei Joseph Roth, der die Sehnsucht nach der Donaumonarchie zum Hauptthema seines Werkes machte, und bei Thomas Mann, der den Verfall zum Thema seines Werken machte, eindeutig sehen. Das 20. Jahrhundert beginnt in einer solchen Atmosphäre und sprengt seine Brücken mit dem 19. Jahrhundert auf.

Thomas Mann zeigt sich schon in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Auch er stellt fest, dass der Militarismus im Kern der Deutschen steckt. Er ist ein reicher Bourgeois und er nimmt den Untergang seiner gesellschaftlichen Klasse in seinen Werken durch. Er befüllt die Lücke, die mit dem Ende des 19. Jahrhunderts entstand. In seinen Werken spiegelt sich der Untergang der Bourgeoisie wider.

Er ist Aristokrat und besitzt alles als Erbe schon von seiner Familie her. Aber jetzt benötigt er in der neuen Epche für die Weiterführung seines Lebens eine Einkommensquelle und dieser neuen Zeit wird nicht alles von sich selbst bereitstehen. Dies ist die Zeit der Dekadenz, welche auch in der Familienumgebung von Buddenbrook zu sehen ist.

Thomas Mann ist ein Schriftsteller, der diese Dekadenzzeit in seinen Werken am besten widerspiegelt hat.

Thomas Mann nahm in seinen Werken die Autobiographischen Faktoren immer wieder durch. Denn er kam aus einer kapitalistischen Familie aus Lübeck, und widerspiegelte deshalb den Untergang und die neuen Anschauungen der Bourgeosie sehr gut. Bourgeosie besaß adlige Werte wie z.B. Fleiß, Sparsamkeit und Pflichtbewusstsein, künstlerische und intellektuelle Werte, aber auch andere Werte, wie Luxus, Müßigkeit, Religion, Krankheiten die zum Untergang des Bourgeosie dienten. Eigentlich trägt der Untergang des Bourgeosie zu neuen Bewegungen bei. Die Haupteigenschaft des Werkes von Thomas Mann mit dem Titel “Buddenbrook”, steckt darin, dass er den Untergang des Bourgeosie durchnimmt.

Der Untergang des humanistischen Bürgertums laesst sich nicht mehr aufhalten, genau so wie der Aufstieg der kapitalistischen Bourgeosie (Hagenström). Buddenbrook ist ein Stück der Seelengeschichte des alten Bürgertums

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Das 19. Jahrhundert gilt als das Zeitalter des Bürgerums. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung im neuen deutschen Kaiserreich begann ihre Glanzzeit. Die Welt stand ihnen offen. Bildung und Wissenschaft lag in ihren Händen, Technik und Indrustrie standen ihnen zur Verfügung, und Handel und Verkehr führten sie zu allen Kontienten.

Mitten in dieser Glanzzeit des Bürgertums schrieb Thomas Mann die Geschichte einer bürgerlichen Familie, die nicht mit Glanz und Erfolg endet, sondern mit ihrem Verfall. Wer wie Thomas Buddenbrook-Mann oder Hanno die bürgerliche Welt durchschaute und sich durch Fortschritte und Erfolg nicht blenden liess, erkannte ihre Fragwürdigkeit und Vegänglichkeit. Im ewigen Wechsel von Aufstieg und Verfall verlaeuft das Leben.

Dekadenzerscheinungen, wie Krankheit erschüttern im fortschreitenden Verlauf des Romans in gesteigerter Intensität alle Mitglieder der Familie Buddenrook.

Was wir mitverfolgen anhand, dieser drei bis vier Generationen unter Lübecker Honoratioren, ist der “Verfall einer Familie”, wie es im Untertitel heißt, und damit der Niedergang des alten Handelsbürgertums, die Hilflosigkeit angesichts der Aggressivität der neuen Eliten, die Unfruchtbarkeit, die mit der kulturellen Verfeinerung verbunden ist, und nicht zuletzt der Druck, der auf allen Beteiligten lastet. Die Welt ändert sich in diesem 19. Jahrhundert in einem Masse. Aus Städten werden Metropolen, das Land wird im kulturellen Diskurs mehr und mehr zum Erholungraum, im ökonomischen jedoch zu Ressource, die verbrauchbar ist.

In dieser Geschichte spiegelt sich die Entwicklung des deutschen Bürgertums. Die Hagenströms stehen dabei für das Aufkommen des kapitalistischen Unternehmertums. Die "Dekadenz" der letzten Buddenbrooks, die Herausbildung künstlerischer Fähigkeiten stellt dagegen im kulturellen Sinn einen Fortschritt dar. Der Preis dafür ist die Lebensuntüchtigkeit. Dieser Konflikt zwischen Kunst und Leben nimmt in Thomas Manns Denken einen zentralen Platz ein.

Der Untergang der Buddenbrooks steht für das Schicksal eines Bürgertums, an dessen Stelle - im Roman durch den Aufstieg der Familie Hagenström angedeutet - der kapitalistische Bourgeois tritt. Der Untertitel "Verfall einer Familie" darf indessen nicht im pessimistischen Sinne verstanden werden. Verfall ist für Thomas Mann auch die

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Voraussetzung für neue Lebensformen, Verfall ist Differenzierung und Steigerung der geistigen und ästhetischen Empfindungsfähigkeit.

Thomas Mann hatte zunächst, "nach dem Muster skandinavischer Kaufmanns- und Familienerzählung" gedacht, "die ungefähr das letzte Viertel des Romans, den Verfall Thomas Buddenbrooks und Hannos Tod zum Inhalt hat". Dementsprechend wurde der Roman stets bezogen auf die Sozialgeschichte des Bürgertums, auf dessen Verhaltenskodex und Wertevorstellungen. Am Beispiel der Lübecker Familie schildert Thomas Mann ein allgemeines Phänomen; im ersten Teil des Romans geschieht dies mit den Mitteln realistischer Erzählweise. Die Ereignisse ordnen sich der Chronologie unter, Vergangenes erscheint durch Familienpapiere oder erinnernde Dialoge vergegenwärtigt, die Personen werden mit kunstvoller Indirektheit durch ihre Redeweise charakterisiert. Im zweiten Romanteil jedoch, der mit Hannos Geburt beginnt, bleibt es nicht bei der Erzähltechnik einer Familienchronik. Es ist eine fortschreitende Differenzierung der Hauptfiguren zu beobachten und die psychologisch vieldeutigen Vorgänge des "Verfalls" werden nicht in traditionell realistischer Weise abgebildet und widergespiegelt.

8.b. Radetzkymarsch (1932)

Die Substanz der österreichischen Literatur beruht sich auf Tradition. (Stützt sich auf die Donaumonarchie). Sie befindet sich mit den Historie- Schloss- und Monarchiemotiven ineinander verflochten: Schloss (Tradition) bildet die Substanz der österreichischen Literatur.4

Allgemeiner Zustand von Österreich: Nach der Französischen Revolution (1789) befindet es sich im 19.Jahundert im Untergangsprozess. Es bestand aus vielen Völkern und brach nach dem 1.Weltkrieg zusammen. Sie hinterließ der Republik ein reiches historisches Erbe, das ihm eine schwere Verantwortlichkeit zugeschrieben hat. Im Jahr 1918 wurden die Zweige der österreichischen Literatur ausgeholzt. Viele österreichische Schriftsteller, besonders die, die die letzen Tage des Reiches erlebten, übertragen diese prachtvolle Welt mit ihren Werken in unserem Zeitalter und versuchen dadurch ihre Sehsucht –trotzt seiner lückenhaften Seiten- an diese Welt zu beheben. Die Quelle der Tradition beruht sich genau auf dieser Anschauung, und dies

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ist der Kern der österreichischen Literatur. Mit den Symbolen, die sie verwenden, deuten sie daraufhin, dass das Alte im Zerfallen sei und das Neue abscheulich ist. Die Trauer von Joseph Roth sieht man in einem Leitmotiv, das sich vom Werk zu Werk ausstreckt.

Die Feststellung einer Verfallsstimmung (Vom Anfang des 20.Jahrhunderts bis zum 1.Weltkrieg) ist sehr wichtig. Denn der Staat stand unter derVerfallgefahr, da er aus verschieden Völkern bestand, und in Österreich wurde die bürgerliche Spaetzeit im Vergleich anderer europäischen Staaten noch früherer erlebt.

Dieser Seelenzustand verbreitete sich in allen Bereichen des Lebens und führte zu einem Gefühl, das hervorbrach, dass das Ende der Welt gekommen sei. Damit beteiligt sich die österreichische Literatur im Vergleich zu den anderen deutschen Literaturen mehr und unmittelbar an den eingewurzelten Untergang. Mit der Untergangspsychologie vereinigte sich eine registierende, aber jedoch lebensgeniessende Lebenshaltung.

Nach dem Zusammenbruch des Vielvölkerstaates sehnt man sich nach der Vergangenheit. Damit fängt eine Analyse der Vergangenheit an, und dies richtet die Schriftsteller und Dichter nach einer Nostalgie. In diesem Moment werden auch die Zusammenbruchsursachen der Monarchie durchdiskutiert. Die Antworten zu diesem Zusammenhang verwickeln sich mit Nostalgie und Kritik. Es sind melancholische Anstrengungen vorhanden. Jedoch wird in diesem Prozess auf keinem Fall eine Seite hinsichtlich des Zusammenbruches angeklagt, ganz im Gegenteil, man betrachtet eine akzeptierende Neigung, die die Ansicht trägt, dass der Zusammenbruch unaufhaltbar ist.

Joseph Roth erlebt den Zusammenbruch der Monarchie und wandelt dies in die literarische Realität um. Joseph Roth war ein Anhänger von Österreich und der Habsburgerdynastie. Denn er verbrachte seine Kindheit und Jugend in dieser Welt. Roth bringt in Radetzkymarsch Österreich zu einer “Geistesverfassung. Während er unter den Schmerzen des Untergangs der Monarchie litt, hinterließ das NS Regime ab 1933 tiefe Spuren. Hier bringt er die Monarchiesehnsucht zur Rede.

Mit dem ersten Weltkrieg aenderte sich die Lage radikal. Die Grossmacht Österreich-Ungarn zerspitterte in lauter kleine Nationalstaaten; das verbliebene Deutsch-Österreich mit seinen nur noch sechs Millionen Einwohnern schien in

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