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Der Fall Günter Grass

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Academic year: 2021

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zesse hat Martin Walser als Gerichtszu-schauer in seinem Tagebuch (Dezember 1964) vermerkt: „Nur für die Zeugen, die Opfer in Auschwitz waren, hat Auschwitz Realität, nur sie finden Auschwitz so un-erträglich, wie es war und ist. Sie tragen an ihren Zitaten wie an einer Last, für sie ist es nicht leicht, die Zitate hier vorzu-bringen, sie können oft nicht weiterspre-chen … Alle anderen sind Zuschauer, wir, die Gerichtspersonen, ja sogar die Ange-klagten gebärden sich als Zuschauer.“

Drittens: Doch mittlerweile, seit etwa 1990, haben viele Primärzeugen im Ab-stand von mehr als fünf Jahrzehnten ihre autobiografischen Erinnerungen zu Pa-pier gebracht. Dazu gehört die Holocaust-Literatur jüdischer Autoren von Elie Wie-sel bis Ruth Klüger, aber auch die Erin-nerungsliteratur seinerzeitiger deutscher Kriegsteilnehmer. Bei der Analyse dieser Werke ist man gut beraten, zwischen den Rekonstruktionsweisen, Authentizi-tätsansprüchen und Popularisierungs-mustern der Texte zu unterscheiden. Was in Günter de Bruyns Autobiografie über seine Zeit als Luftwaffenhelfer akribische Rechenschaftslegung und Selbsterfor-schung ist, das ist in Martin Walsers Roman Ein springender Brunnen die Erfin-dung der Kindheit im Medium der Spra-che – und das wird in Grass’ Memoiren ausdrücklich als Lizenz einer subjektiven Wahrheit der Geschichte deklariert. Diese Subjektivierung der Geschichte sollte man nicht vorschnell abwerten, weil sie sowohl für den Autor wie auch für den Leser „keine Beliebigkeitserlaubnis, son-dern Aufforderung zu höchster Wach-samkeit“ ist.

Der Fall Günter Grass

Bei Günter Grass hat es mit der Frage, wer sich erinnert, eine besondere Bewandtnis. Mit seinem Geständnis, 1944/45 Panzer-schütze der Waffen-SS gewesen zu sein, hat Günter Grass im Sommer 2006 für die heftigste Debatte der jüngeren

litera-rischen Erinnerungskultur gesorgt. Sie war gut für sein neues Buch Beim Häuten der Zwiebel, dessen Erstauflage (150 000 Exemplare) binnen kurzer Zeit verkauft war, aber schlecht für den Autor. Jahr-zehntelang hatte er an der Grenze zur Unbelehrbarkeit seinen Ruf als moralische Instanz der Deutschen, als sich einmi-schender „Bürger“ verteidigt, hatte er an die nationalsozialistische Vergangenheit deutscher Politiker erinnert, aber von der eigenen wohlweislich geschwiegen; nun standen diese „Merk- oder Markenzei-chen“ des Autors auf dem Spiel. Dabei ging es nicht um die in Grass’ Buch selbstkritisch sezierte Verführbarkeit ei-nes Jugendlichen im „Dritten Reich“. Ein „Kainsmal“ (so Grass) wurde die doppelte Rune, die Holocaust-Überlebende zeitle-bens entsetzt, aus einem anderen Grund. Grass hatte jahrzehntelang diesen Teil seines episodischen Gedächtnisses ver-schwiegen, und mit ihm hatten die prin-zipiell zugänglichen Quellen, die seine SS-Mitgliedschaft dokumentieren, geschwie-gen. Nicht das Verschwiegene, sondern das „andauernde Verschweigen“ war also das Hauptproblem für Grass, das „sich in ‚nachwachsender Scham‘, wie er es ge-nannt hat, zum Verschweigen des Ver-schweigens ausgewachsen hatte und ihn zunehmend blockierte, auch wenn es für den eigenen Blick nur zu vorübergehen-den Beschwichtigungen reichte“. In dem Gedicht „Mein Makel“ räumt Grass ein: „Ja, es dauerte, / bis ich Wörter fand / für das vernutzte Wort Scham.“

Wem die Geschichte seines Lebens ge-hört, die er in Beim Häuten der Zwiebel vom Kriegsausbruch 1939 in Danzig bis zu dem Erfolgsdebüt der Blechtrommel 1959 erzählt, daran lässt Grass keinen Zweifel. Nur der Autor hat das Recht, seine Erin-nerung zu hüten, die unzuverlässig sein kann und subjektiv sein muss. „Gedächt-nislücken“ und „Blindstellen“ gehören so mit zum Erzählprogramm von Grass, dem der „Krebsgang“ der individuellen

Seite 15 Nr. 480 · November 2009

Geschichte im Gedächtnis

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