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Mahmutgazi Köyü’nün Halk Edebiyatı (Menkabe, Hikâye, Masal, Fıkra)

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Academic year: 2021

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(Legenden, Erzâhlungen, Mârchen, Schwânke) Von Dr. Mehmet Tuğrul

(Zusammenfassung)

Es bestand der Plan, das gesamte Erzahlungsgut des Dorfes Mahmut - Gazi zu sammeln, die Lagerung dieses Materials innerhalb der natürlichen und sozialen Bedingungen des Dorfes zu untersuehen und so eine Monographie der Volksliteratur von Mahmut - Gazi zu schreiben. Es gelang mjr, 158 Leğenden, Erzâhlungen, Mârchen und Schwânke, 401 Lieder, Diehtungen und Reime und 59 Râtsel zu sammeln. Da es sich als unmöglich herausstellte, ein so grosses Material eingehend im Rahmen einer einzigen Untersuchung zu bear-beiten, beschrânkte ich mich mit Zustimmung meines Lehrers, Prof. P. N. Boratav, auf die Verarbeitung der 158 Stücke erzâhlender Literatür; das restliche Material soll spâter vorgelegt werden.

I.

Das Dorf Mahmut - Gazi gehört zum Bezirk Çal im Gouvernement Denizli und liegt am Uebergang der Çökelez - Berge in die Baklan-Ebene, nahe der Chaussee Çal -Denizli. Es ist von der Chaussee 11/2,

von der Bezirksstadt ,7, von der nâehsten Eisenbahnstation 25 km entf-ernt und soll einst von einem 'Mahmut Gazi' aus Horasan (Iran) gegründet worden sein. Auf dem Dorf-Friedhof gibt es zwar noch eine Türbe des Mahmut Gazi. aber diese trâgt keinerlei Inschrift öder Datum,

Das Dorf besteht aus drei Vierteln, zwischen denen ein grosser Friedhof ist. Durch den Friedhof fliesst ein kleiner Bach. Friedhof und Bach verhindern ein Zusammenwachsen der einzelnen Dorfteile.

Das Dorf hat 865 Einwohner, 428 Mânner und 437 Frauen. Volks-zâhlungen zeigen, dass die Bevölkerung im Anwachsen ist. Man heiratet früh, von allem die Frauen. Mit Ausnahme von Kranken gibt es keinen, der sein Leben als Junggeselle verbringt. Es kommt zwar noch vor, dass bei der Eheschliessung nur die religiöse Zeremonie vorgenommen wird und die bürgerliche Eheschliessung auf spâter

ver-schoben wird, jedoch selten. Mehr - Ehe war schon früher selten und trat eigentlich nur in Fâllen von Kinderlosigkeit öder Krankheit der ersten Frau auf. Fast 70 % der Bevölkerung kÖnnen Lesen, jedoch sind noch die Mehrzahl der Frauen Analphabeten. Wirtschaftsgrund-lage des Dorfes ist Landvvirtschaft und Schafzucht. Weniger wichtig şind Berufe wie Landarbeiter, Beamter, Kaufmann, Handwerker.

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Gesellsehaftlicher Aufbau: Das Dorf hat 191 Hâuser, in denen mindestens eine, höchstens elf Personen leben (durchschnittlich 4, 53). İn einem Hause leben Blutsverwandte zusammen, vorwiegend Ver-wandte von der Seite des Mannes. Jedes Haus kann als wirtschaft-liche Einheit angesehen werden. Grosse Familienverbânde beginnen sich aufzulösen; so lebt nur in 16 von 191 Haushalten mehr als ein Ehepaar. Die Leitung des Haushalts übernimmt der Mann; nur wenn

kein Mann vorhanden ist, leitet eine Frau das Haus, wobei ihi ihr Vater, ihre Brüder öder Schwâger beistehen (16 Haushalte in Mahmut-Gazi).

Wirtschaftsleben: Zum Dorf Mahmut-Gazi gehören rund 3000 Hektar Land, von denen rund 1750 ha landwirtschafrlıch nutzbar sind. Die Grundstücke sind durch Erbteilungen sehr klein geworden, 4/5 aller Grundstücke sind kleiner als 5ha. Obwohl es im Dorf kaum jemanden gibt, der ganz ohne Land ist, reicht doch der Boden bei der jetzigen Wirtschaftsform nicht aus, sodass ein Bevölkerungsab-fluss stattfindet. Die Felder werden aile 3 Jahre einmal bestellt.

Die Gerâte sind primitiv; zwar haben vierrâdriger Wagen und Eisenpflug schon Eingang gefunden, aber neben ihnen gebraucht man noch den Bauernkarren und den Holzpflug. Mâh- .und Dreschmaschi-nen werden nicht vervvandt, auch andere moderne landwirtschaftliche Methoden. wie Düngung, Saatgutzucht, Schâdlingsbekâmpfung_ sind noch unbekannt. Die Arbeitsteilung geht nach Geschlecht und Alter vor sich; im allgemeinen versieht jeder Haushalt seine Arbeiten selbst, nur in Zeiten besonderer Arbeitsüberlastung nimmt man Arbeiter dazu, also vor allem in der Erntezeit.

Es werden Weizen, Gerste, Platterbsen, Leinvvand und Weintrau-ben produziert, die unverarbeitet und ohne Verkaufsorganisation auf den Mârkten von Çal öder Denizli verkauft werden. Die Dinge für den Hausbedarf wie Traubensyrup (Pekmez), Essig, Eingelegtes, Tar­ hana (Suppenpulver aus Mehl, Yoghurt, Tomatensaft) werden von den Hausfrauen in primitiver Weise selbst hergestellt.

Obwohl Mahmut-Gazi mein Heimatdorf ist, war es nicht leicht, das Materiâl aufzunehmen. Der Grund dafür ist, dass die Bevölkerung sich vor der Regierung fürchtet: da Zauberheilungen durch Beblasen und die arabische Schrift verboten sind und unter Strafe stehen.an* dererseits aber die miteinander Befeindeten sich gegenseitig deswegen denunzieren, ist die Bevölkerung ângstlich geworden. Daher begann ich meine Arbeiten zunâchst bei meinen Vervvandten und erweiterte dann allmâhlich den Kreis meiner Tâtigkeit. Trotz allem aber gab es Personen, von denen es mir unmöglich war, Materiâl zu bekommen.

75 Personen teilten , mir Angaben mit, davon 17 Frauen; die Gewâhrsleüte standen im Alter von 5 bis 83 Jahren; die Kinder waren

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ebenso zuverlâssige Quellen wie die Erwachsenen, nur durfte man sie - wenn sie sich an Einzeiheiten nicht mehr erinnern konnten - nicht bedrângen,,da sie sonst sofort durch Erfindung ergânzten. 57 Gewâhrs-leute sind Einheimische, die im Dorfe leben, die übrigen Zugewan-derte öder Einheimische, die jetzt wo anders leben. Die beste Quelle war eine Frau von 57 Jahren, die 60 verschiedene Stücke kannte. Der beste Mârchenerzâhler war ein Mann, von dem ich 20 Mârchen und Schwânke erhielt.

Die Gewâhrsleute wissen meist nicht mehr, von wem und wo sie ihre Kenntnisse bekommen haben, Soweit sie sich erinnern können, erfuhren sie die Hâlfte von ihren eignen Verwandten, den Rest von Nachbarn öder Freunden. Sehr selten geht Material von Frauen auf Mânner öder umgekehrt über und auch das nur bei nahen Verwandten öder innerhalb derselben Familie. Meist ist unser Material innerhalb der Familie, öder bei Zusammenkünften im Dorf öder draussen öder bei der Arbeit tradiert worden (bei Hochzeiten, im Dorf - Versammlungs-raum, im Tee-Haus, auf dem Dreschplatz u. s. w.). Material, das ausserhalb des Dorfes kennengelernt wurde, stammt meist aus der Soldatenzeit. Auch Leute, die ins Gefângnis karnen, öder ausserhalb als Arbeiter, Beamten, Geistliche tâtig wâren, brachten neues Material ins Dorf zurück, aber auch dies stammt meist wieder von Bauern her, denn wo immer Bauern hingehen, schliessen sie sich wieder an Bau­ ern an. Das meiste fremde Material stammt aus nahe gelegenen Dör-fern öder aus der Bezirks-oder Gouvernementshauptstadt; nur ein Mârchen stammt von einem Meister aus Jugoslavien, 2 Lieder aus Kargamiş, eins aus Yozgat.

II.

56 der von uns gesammelten 158 Stücke behandeln die Beziehun-gen zwischen Reich und Arm, zwisehen dem Starken und dem Schwa-chen. 32 Stücke kritisieren soziale Begebenheiten und bestimmte Ty.pen, 16 erklâren bestimmte Brâuche, 15 erzâhlen Liebesabenteuer von Kindern von Padischahs, Veziren, Beys, Aghas öder Richtern. Die restlichen behandeln Râubertum, Diebstâhle, Betrügereien, ge-schlechtliche Beziehungen öder Beziehungen zwischen Zivilisierten und Wilden, Menschen und Tieren. 16 Stücke enthalten kein zuzammen-hângendes Thema, sondern berichten in Aneinanderreihung logisch unzusammenhângende, komische Erlebnisse von Menschen öder Tieren. Diese Stücke sind zu mehr als 80 % im Zusammenhang mit dem Dorf-leben.

in den Stücken treten.a) historische Persönlichkeiten, b) Typen, c) Wilde, d) Symbole, e) übernatürliche Wesen, f) Tiere auf. Sö finden wir in den Leğenden- und in manchen Schwânken allgemein bekannte historische Persönlichkeiten wie Mohammed, Ömer, Ali, Veys-el»Karani

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Fatma, Ayşe, Sultan Mahmut, Timurlenk, Nasrettin Hoca, Haccac-i Zalim u. a.. Dagegen werden in Mârchen und Schwânken die Perso­ nen meist mit ihren Titeln, wie Padischah, Vezir, Bey, Hoca ; öder ihrem Beruf, wie Bauer, Holzhacker, Müller, öder ihren Spitznamen wie Keloğlan, Midik, Varyemez, öder auch ihrer Religions - öder Volks-zugehörigkeit wie Unglâubiger, Jude, Albanier bezeichnet. Ein Teil der in Erzâhlungen, Mârchen und Schwânken vorkommenden histori-schen Persönlichkeiten entstammt Büchern, andere Namen werden vom Erzâhler neu hinzugefügt, um der Erzâhlung einen realistischeren An-strich zu geben, aber weder der Erzâhler noch die Zuhörer fassen diese Namen als vvirkliche Namen auf.

Die wichtigsten auftretenden Typen sind Leute vom Hof wie der Padischah, der Prinz, die Sultanin, öder 'der Soldat', der Henker. Fer-ner finden wir den Vezir, den Richter, den Gouverneur als Staatsbeam-ten, den Bey, Agha, Kaufmann, Hândler als reiche Personen, den Juden, Armenier, Unglâubigen(also Nicht - Muselmanen), den Teehâuswirt, den Müller, Schneider, Krâmer als Bürgertypen, den Bauern, Hirten, Jâger als Produzenten, schliesslich Leute ohne bestimmte Tâtigkeit wie 'ein Mann', 'ein Kahlkopf, 'eine Frau', 'ein Mâdchen', 'ein Kind' . . ö d e r Typen wie den Hoca, den Geizkragen, den Dieb, den Verführer, den Bektaşi.

Nur in drei Stücken tritt als Wilder, als Barbar der "Bergmensch,, auf. Als Symbole finden wie 'das Gute' 'das Böse'. Übernatür-liche Wesen sind der Derwisch, der göttÜbernatür-liche Ehevermittler, der Neger, Zwerge, Riesen, Engel, Feen, Teufel, böse Geister, Schlangenkönig, Phönix, fliegendes Pferd. An Tieren sind am beliebtesten solche, die es im Dorf gibt, öder die man kennt, wie Fuchs, Wolf, Bâr, Löwe, Affe, Katze, Hund, Rind, Esel, Hahn.

Nach Motiven lassen sich die Texte in folgende Gruppen aufteilen-. 1).Motive im Zusammenhang mit der Eheschliessung, 2) mit Schwan-gerschaft, Geburt, Abstammung, Namengebung, 3) mit Schlaf, Ohn-macht, Tod und Wiederauferstehung, 4) mit Reise und Wandersehaft, 5) mit Reichwerden, 6) mit Unglück, 7) mit Prüfung und Fragen, 8) Einschüchterung und Kampf, 9) mit Betrügereien, 10) mit Verstecken, 11) mit Nachrichtengeben und Empfangen von Botschaften, 12) mit Suchen und Finden, 13) Kennen und Kennenlernen, 14) mit Hinterhâl-tigkeiten, mit Einfâltigkeit, 15) mit Hilfe und Rettung, 16) mit Strafe und Rache, 17) mit Zahlensymbolik.

Motive, die mit Kennenlernen und Verlieben zusammenhângen, treten meist in Stücken auf, die die Abenteuer von Kindern der Oberschicht erzâhlen. in den Heirats-Motiven sind Spuren vom Glau-ben an Determinismus deutlich fühlbar. Die Geburts - und Abstam-mungsmotive sind hâufig übernatürlichen Charakters und befinden sich am Anfang der Mârchen öder vor wichtigen Episoden. Auch ein

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grosser Teil der Wanderschafts-Motive, sowie der Motive, die mit Betrügereien, Nachricht erhalten zusammenhângen, stehen am Anfang der Mârchen öder einzelner Episoden. Dagegen dienen Motive von Schlaf, Ohnmacht, Tod, Unglück, Verstecken zum Verbinden einzelner Vorgânge im Mârchen. Prüfungs - und Kampfmotive hemmen öder be-enden den> Ablauf. Motive über Suchen und Finden, sowie auch man-che der Betrügerei-Motive finden sich an den Stellen, wo einzelne E-pisoden aneinandergefügt sind und verbinden diese miteinander. Motive die mit Kennenlernen und Erkennen, Hilfe und Rettung zusammenhân­ gen, sowie auch einige der Motive über Nachrichten dienen zum Lö-sen der Verknotungen und damit zur Fortführung öder Beendung der Handlung. Aile Bestrafungen und Racheakte, sowie manche der Motive, die mit Reichwerden zusammenhângen, stehen am Ende der Erzâh-lungen odgr mindestens von Episoden. Die Motive über Einfâltigkeit und Hineinfallenlassen geben den Erzâhlungen eiri spasshaftes Element und beleben meist die Kâmpfe des Schwachen gegen den Starken.

Die Erzâhlungen werden normalerweise mit einem "Tekerleme,, öder einigen formelhaften Worten eingeleitet. Dann beginnt die eigent-liche Erzâhlung, nachdem kurz die Helden vorgeführt sind. in lângeren Stücken werden die einzelnen Vorgânge zu fast selbstândigeîi Einheiten, "Ringen,, einer Kette, zusammengefasst.

Solche 'Ringe' können je nachdem aus ihrem ursprünglichen Zusam-menhang genommen werden und an andere Stücke angefügt werden, öder aber auch sich zu einer selbstândigen Erzâhlung erweitern. Die meisten der uns vorliegenden Stücke bestehen aus 1-3 Ringen; solche aus mehr als 4 Ringen sind sehr selten. Schwânke und Tiermârchen bestehen meist nur aus einem Ring, dagegen haben Mârchen vorwie-gend mehr als einen Ring. Die Bindung den einzelnen Ringe arieinander kann fester öder lockerer sein; sehr hâufig hângen sie in der Form Ursache-Wirkung, Aktion-Reaktion miteinander zusammen, und dann

lâuft die Handlung entweder in der gleichen öder entgegengesetzten Richtung fort. in Fâllen, wo die Bindung locker ist, werden die einzelnen Ringe in âhnlicher Form hintereinander angereiht, öder einfach ohne weiteres aneinandergesetzt.

Von unseren 158 Stücken sind 2 am Schluss unvollstândig und 6 enden mit einer Katastrophe, die übrigen 150 aber in positiver Form, sei es, dass der Held reich wird und seine Wünsche ihm erfüllt över­ den öder er aus Not befreit wird, sei es, dass die Bösen bestraft werderi. Mârchen enden of t mit Heirat öder Erreichung der Wünsche,

wâhrend die meisten Schwânke mit Bestrafung der Bösen öder einer Moral enden. Am Schluss von Mârchen und Erzâhlungen folgen noch kurze Formeln, die andeuten, dass das Mârchen zu Ende ist, dass man es nicht als wahr betrachten möge; Leğenden, Schwânke und kurze Tier­ mârchen haben keine solchen Schlussformeln.

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Als Helden treten im Mârchen a)sympathische Helden auf und b) solche, die bekâmpft werden. Die sympathischen sind, wenn es Tiere sind, die sçhwachen, wenn es Menschen sind, meist Jünglinge öder Kinder; Erwachsene sind immer schwach öder unschuldig öder sie nehmen Rache öder erteilen eint Moral.

Die Helden, die man bekâmpft, sind in Tiergeschichten die starken Tiere, in Geschichten zwischen Tieren und Menschen meist die Tiere, bei Kâmpfen zwischen verschiedenen Menschen der Padischah, der Agha, Bey, Jude, Hoca, Richter, Vater, Mutter, Stiefmutter, Pflegemutter, âlterer Bruder, Nebenfrau, Dieb, also immer Leute, die stârker sind öder im Unrecht sind. So sind also sympathische und unsympathische Helden deutlich voneinander nach Alter, Reichtum, Charakter und sozialer Stellung geschieden. Negative Typen sind auch die Riesen und 'das Böse'; die Zielscbeiben des Spottes sind vor allem der Ho(^a und der Richter.

Die sympathischen Helden haben viele Helfer : 'die alte Frau', die Frauen öder Töchter der unsympathischen Helden, Hirten, Bauern, Jâger, Wanderer. Auch von den übernatürlichen Wesen sind Dervvisch, Phönix, Schlangenkönig und andere mit Vorliebe HeJfer. Da die negati-ven Typen meist an der Macht, sind, so untersteheri ihnen böse Helfer in Geştalt von Polizei, Soldaten öder Henkern.

Die Umwelt, die im Erzâhlungsgut auftrittt, zeigt vor allem lokale Fârbung; so ist in der Mehrzahl der untersuchten Stücke die Umwelt das Dorf öder seine Umgebung. Bei Stücken, die von Frauen öder Kindern erzâhlt wurden, spielt die Handlung überwiegend im Dorf • öder beim Dorf; bei Stücken aus dem Mund von erwachsenen Mânnern in der Stadt. Der Grund dafür mag sein, dass die Mânner in Mahmut^ Gazi gebildeter sind als Frauen und Kinder, und mehr herumgekom-men sind. Da die Frauen und Kinder nie die Stadt gesehen haben, haben sie auch die Umwelt des Mârchens dem eignen Lokalkolorit angepasst.

in manchen Mârchen treten Stadt-ünd Ortsnamen auf, wie istanbul, İzmir, Aydın, Denizli....; sehr hâufig aber wird nicht gesagt, dass das Mârchen in einer Stadt spielt, sondern lâsst sich nur erschliessen. Die Stadthâuser denkt man sich gross und zvveistöckig. Ihre ınnen-einrichtung aber ist nicht anders als die eînes reichen Bauernhauses.

Wenn die Umvvelt das Dorf ist, so spielt die Handlung mehr in den Hâusern von armen Bauern. Die Dörfer und deren Umwelt im Mârchen sind fast ganz genau so, wie sie in Mahmut-Gazi und Umge­ bung wirklich sind.

Die Palâste der übernatürlichen Wesen denkt man sich in öden Gegenden, auf dem Grund von Brunnen öder mitten im Meer, trotzdem aber sind sie sonst nicht sehr verschieden von den Bauten der

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Auch die belebte Umwelt des Mârchens gleicht der von Mahmut-Gazi: das Hausvolk, die Nachbarn, Fremde, Haus- öder wilde Tiere und Pflanzen sehen so aus, wie sie in der Umwelt des Erzâhlers aussehen ; ja, wir merken sogar, dass der Phpnix einem Storch, der Schlangenkönig einer Schlange gleicht.

Die Mârchen spielen meist in derwarmen jahreszeit und am Tage; das Wetter ist meist schön; Winter öder Nacht treten kaum je auf. Auch dies entspricht wieder dem Leben in Mahmut-Gazi, wo der Winter und die Nâchte ereignislos vergehen. Man macht ja im Winter noch nicht einmal eine Hochzeit! Kinder werden alt, alte Leute sterben, aber ein jüngling altert nicht, bis er sein Ziel erreicht hat, für ihn scheint die Zeit stillzustehen. Die Arbeiten und die Arbeitsteilunğ im Mârchen, das Bild, das von der Stadt und den Mârchen gegeben wird, unterscheidet sich in Nichts von den Zustânden in Mahmut-Gazi. Die Mârchenhelden benutzen dieselben Gerâte in derselben Weise wie der Erzâhler auch. Auch Hochzeitsbrâuche, Geburt, Wertschâtzung der Kinder, Leitung des Haushalts, nachbarschaftliche Beziehungen u. s. w. sind - abgesehen von kleinen Übertreibungen - genau so im Mârchen wie heute* öder vor kurzer Zeit noch in Wirklichkeit.

Das Erzâhlungsgut wird entweder in Freizeiten öder bei Arbeiten, die keine besondere Aufmerksamkeit erfordern und keinen Lârm ent-falten, vorgetragen. Entvveder erzâhlen die Alten den Jungen, öder die Jungen unterhalten sich untereinander. Erwacbsene Mânner erzâhlen sich am liebsten Schwânke.

Man erzâhlt die Geschichten fast immer so, als handele es sich um einen Vorfall, den man von jemanden gehört habe; manche Erzâhler aber unterbrechen diese Monotonitât dadurch, dass sie tun, als hâtten sie manches mit eignen Augen gesehen, ganz selten tun sie sogar, als hâtten sie es selbst erlebt. Solche Stücke sind dann meist in Form eines Tekerleme.

Die einzelnen Vorgânge werden in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge erzâhlt, ohne dass man aber dabei in Einzelheiten geht: Kinder wach-sen ganz plötzlich, die Zeit vergeht schnell. Bei den einzelnen Vorfâllen kommt es auf Realismus und Loğik nicht an. So wie nicht aile Erzâhler gleich sind, so gibt es auch Unterschiede zwischen Erzâhlern, je nachdem sie Frauen, Mânner öder Kinder, sind. im Allgemeinen bereichern Leute mit grösserer Bildung ihre Erzâhlungen; Leute, die lesen können, stehen unter dem Einfluss der schriftlichen Tradition. Es kommt sogar gelegentlich vor, dass Erzâhler ihre Geschichten an moderne Novellen anzugleichen versUchen.

Dagegen hângen Frauen getreuer an der mündüchen Tradition; Kinder verstümmeln ihre Geschichten hâufig und passen sie ihrem Niveau und ihrer Logik an.

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Sâmtliche untersuchten Stücke sind in Prosa geschrieben, nur in 2 Erzâhlungen und einer Leğende treten gereimte Partieen auf. Die einleitenden Tekerleme und manche der Einleitungsformeln haben eine ganz primitive dichterische Formung. Auch kurze gereimte Partieen in Mârchen sind âhnlich primitiv. Die Prosa besteht aus kurzen Sâtzen mit vielen Wiederholungen. Sprichwörter sind sehr selten. Gebildete bringen Fremdworte, Frauen und Kinder viel vveniger; besonders Frauen, die nicht die Schule besucht haben, sprechen ein fast ganz reines Türkisch.

Die von mir untersuchten 158 Stücke zerfallen in: 4 Leğenden, 4 Volkserzâhlungen, 105 Mârchen, 55 Schwânke. Die Bauern betrachten die Leğenden als historisch; Volkerzâhlungen und Schwânke aber sind für sie nicht viel anderes als Mârçhen. Leğenden werden mehr von Frauen erzâhlt und gekannt, Schwânke dagegen von Mânnern.

Man unterscheidet die Schwânke von den Mârchen (masal), indem man .sie als "hikâye,, (Erzâhlung) bezeichnet.

Meist ist der Held in Mârchen, die ein Mann erzâhlt, ebenfalls ein Mann; in Mârchen, die Frauen erzâhlten, ist der Hauptheld ein Tier (50%) öder eine Frau öder Kind. Dies zeigt, dass jedes Geschlecht und Alter Mârchen vorzieht, die ihm selbst nâherştehen.

in 50 °/0 der Mârchen ist der Held ein Mensçh; 2/3 der Mârchen

sind realistische Mârchen, d. h. ihr allgemeiner Charakter ist realistisch und nicht übernatürlich.

III.

Wir verglichen die Stücke aus Mahmut-Gazi mit 343 anderen aus verschiedenen Teilen der Türkei nach ihrem Thema, ihren Personen und ihrem Aufbau. Es kam uns dabei darauf an, den Unterschied Dorf-Stadt sowie lokale Unterschiede festzustellen. Demnach unter-scheiden sich Dorf-und Stadtmârchen nicht grundlegend. Nur wâhrend das Thema der Beziehüng zwischen Arm und Reich, Schwachem und Starkem in Stadt-und Dorfmârchen annâhernd gleich oft behandelt wird, sind Stückii, die die Liebesabenteuer der Kinder von Padischahs, Beys, Aghas öder Richtern behandeln, in den Stâdten hâufiger.

in Stadt-Mârchen ist nur sehr selten der Hauptheld ein Tier, in Dorf-Mârchen dagegen ziemlich hâufig. Immer sind die Haupthelden jung, aber in den Dorf-Mârchen treten mehr die produktiven Berufe auf, in den Stadt-Mârchen mehr Kaufleute, Handvverker, Beamten, Angehörige freier Berufe, Arbeiter, Bettler. Der.Typ des nomadisierenden Yörüken und der des Juden ist hâufiger in westanatolischen Mârchen; der Typ des Bandenhâuptlings mehr in Stadt-Mârchen. Ferner sehen wir, dass die in Stadt-Mârchen so hâufige Hexe auf dem Dorf zu einer 'alten Frau', der Heilige Hizir zu einem Derwisch wird. Wir entnehmen daraus, dass die Dorf-Mârchen stârkere Tendenz zum Realismus hin haben.

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Manche Einzelmotive, wie der Derwisch, das blutige Hemd, der Baum.... sind in Stadt- und Dorfmârchen verbreitet, andere dagegen bald mehr im Dorf (Ausziehen auf Wanderschaft, um Geld zu verdie-nen; Sachen in einem Topf verstecken...) öder. mehr in der Stadt (Ban-kerott durch Untergehen eines Schiffes; schvvarze Trauerkleidung anziehen...). Manche Motive wiederum sind in bestimmten Gegenden beşonders beliebt; so trifft man das in Mahmut-Gazi so hâufige Motiv, dass einer einen Topf voli Gold beim Graben findet, in anderen Ge­ genden fast überhaupt nie.

Auch im Aufbau unterscheiden sich Stadt- und Dorfmârchen, sowie Mârchen verschiedener Gegenden in den Einleitungs-Tekerleme findet man lokale Ortsnamen, die Schluss-Formeln sind regional verschieden (in istanbul: "sie erreichten das Ziel ihrer Wünsche, wir aber gehen auf unsere Pritsche; in Sivas: "Sie verbrachten ihr Leben mit Essen und Trinken,,; in Mahmut-Gazi: "eben bin ich von ihnen zu euch gekommen„).

Für Varianten-Vergleichungen benutzte auch -ausser den eben schon erwâhnten 343 Mârchen noch das dialektologische Material, das Prof. Ahmet Caferoglu publiziert hat1. Folgende Ergebnisse liessen sich

erzielen:

1. Aus einem gereimten 'Hirsch' -Epos im Buch des Süleyman Çelebi ist eine Hirsch-Erzâhlung geworden, an die am Schluss vom Volkserzâhler noch ein weiterer "Ring,, und eine Klage-Elegie ange-hângt sind.

2. Die Volkserzâhlungen "Schah ismail» und "Arzu und- Kamber,, sind in Mahmüt-Gazi am bekanntesten, aber sehr verkürzt worden. Es lâsst sich zeigen, dass von den darin auftretenden gereimten Partien die "Mani,, genannten Lieder erhalten geblieben sind, wahrend die 'Koşma' genannten Lieder entweder entstellt öder ganz verloren gegangen sind 2.

3. Das lange, an Zvvischenfâllen reiche Mârchen vom "Hoca, dem ein Mâdchen anvertraut ist,,3, ist in Çankırı durch Zufügung von

Lie-dern emeitert, durch Personen- und Ortsnamen determiniert, sowie durch sohstige Einschaltungen in die Lânge gezogen worden, sodass es zu einer kleinen Volkserzâhlung geworden ist4.

1 A. Caferoglu : Anadolu Diyalektolojisi üzerine malzeme (Material zur

Dialekto-logie Anatoliens ; bisher 7 Bânde, teili als Publikation der Universitât İstanbul, teils berausgegeben vom Türk Dil Kurumu, A n k a r a ; 1940 - 1946). (d. Ü.)

2 die beste Untersuehung" über die Volkserzâhlungen und die in diesen

enthalte-nen dichterîschen Partieen stammt aus der Feder von P. N. B o r a t a v : Halk Hi-kâyeleri ve Halk Hikâyeciliği (Ankara 1946, 328 Seiten ; Übersetzung in Vorbereitung).

(d..O.)

3 Typ Nr. 224 der «Typen türkigcher Volksmârchen» von W . E b e r h a r d und P . N .

Boratav (im Ms abgeschlossen seit F e b r u a r 1945 ; im Erseheinen). (d. Ü.)

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4. Kleînere Varianten entstehen durch Verminderung öder Zufügung von Personen öder Motiven, deren Verânderung öder Aenderung ihrer Reihenfolge. Ferner dadurch, dass Lokalkolorit hinzugefügt öder wegge-lassen "Vvird, die Mârchen-Umvvelt anders gestaltet wird, öder dass der Erzâhler die einzelnen "Kettenglieder,, ausvveitet öder kürzt.

5. in manchen Stücken sind einzelne Kettenglieder am Anfang, in der Mitte öder am Ende ausgefallen, öder neue Glieder hinzugefügt, Auf diese Weise treten dann oft tiefergehende Unterschiede zwischen einzelnen Marchen auf. in manchen Fâllen werden Kettenglieder in zwei verschiedenen Marchen miteinander ausgetauscht, besonders wenn die Themata einander an sich sehon âhnlich sind. Nimmt durch solche Prozedur die Anzahl der ursprünglichen Kettenglieder allzu sehr ab, so entsteht ein neues Marchen.

6. Einzelne, verselbstândigte Ringe vverden in unverânderter öder etvvas erweiterter Form zu selbstândigen Marchen. Wenn sie sich Schwânken wandeln, werden sie kaum verândert, werden sie jedoch zu Marchen, dann fügt man am Anfang ıınd Ende die üblichen Formeln hinzu.

7. Es kommt vor, dass mehrere Schvvânke zusammengesetzt wer-den. So entstand ein Stück von Mârchencharakter dadurch, dass 3 Schvvânke über Nasrettin Hoca aneinandergefügt vvurden. Es können auch Marchen öder Schvvânke als ein Kettenglied in ein anderes Mar­ chen eingesetzt vverden.

8. Neue Marchen entstehen durch Aneinanderreihung von Ketten-gliedern aus verschiedenen Marchen. Andere Marchen entstehen dadurch, dass dasselbe Thema mit verschiedenen Motiven behandelt und dargestellt vvird 5.

5 der Autor dieses Aufsatzes brachte u. a. an völkskundlichen Ârbeiten heraus:

a) Malatya'dan derlenmiş masallar (Ankara 1946: 41 Seiten ; Halkbilgisi ve Halkede-biyatı yayımları, Reihe I B, Nr. 2 ; «Marchen aus Malatya») ; b) Eğlenceli Hildyeler (Ankara 1946,- 96 Seiten : Halk Kitabları Nr. 1; «Lustige Erzâhlungen » ) (W. Eb.).

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