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Die Sprechhandlung (auch Sprechakt) ist das konkrete sprachliche Agieren eines Menschen, das meist mit anderen, nichtsprachlichen Handlungen verknüpft ist. Es geht Bühler dabei um die Entstehung konkreter Äußerungsbedeutungen mit den grammatisch-lexikalischen Mitteln einer bestimmten Sprache. Ihm war aufgefallen, dass Bedeutungen von Wörtern und Sätzen oft sehr flexibel vom Hörer verstanden werden, kontext- und situationsadäquat. Solche Anpassungen geschehen nicht willkürlich-individuell, sondern sie gehören zu den Ausdrucksmöglichkeiten bestimmter Zeichen einer Sprache, bis hin zu metaphorischen Verwendungen. Die Sprechhandlungen erfüllen ihren Zweck in der Situation selbst, sie werden normalerweise nicht dokumentiert. Wenn Handlungen im Wortlaut fixiert sind, spricht Bühler von

"Sprachwerk". Gesprochenes und Geschriebenes kann "Sprachwerk" sein, wenn es situationsentbunden ist (Graefen/Liedke 2012: 73).

8.1. SPRECHAKTTHEORIE

Der Sprechakt wird in der Regel als theoretischer Basisbegriff der Sprechakttheorie (SAT) verstanden. Als Sprechakttheorie werden dabei oft nur die von Austin und von Searle vertretenen Positionen bezeichnet. Diese Positionen werden in der Folge

′Sprechakttheorie im engeren Sinne′ genannt. Die Analyse des Begriffs ′Sprechakt′

bleibt nicht auf die ′klassischen′ Sprechakttheorien von Austin und Searle beschränkt, sondern berücksichtigt auch darüber hinausgehende Ansätze der linguistischen Pragmatik. Austin und Searle waren weder die ersten noch die letzten Theoretiker, die sich über Sprechakte Gedanken gemacht haben: Es gab sowohl Vorgänger, als auch Nachfolger (Wagner 2001: 31).

Die Konzeptionen von Austin und Searle sind jedoch in vielen Punkten durchaus unterschiedlich. So unterscheiden sich auch in der Linguistik Ansätze, die stärker an Austin anschließen, von solchen, die sich vorwiegend auf die Searle’sche Theorie ziehen. Die Sprechakttheorie greift die Frage nach den mit den sprachlichen Einheiten verbundenen Bedeutungen auf und bezieht sich dabei nicht auf das Einzelwort sondern auf die Äußerung (Austin) bzw. den Satz (Searle). In der Germanistischen Linguistik

wurde die Sprechakttheorie insbesondere in der "Grammatik der deutschen Sprache"

von Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997) ausführlich aufgenommen und auf die Beschreibung der deutschen Sprache bezogen. Der zentrale Begriff, der von der Sprechakttheorie eingeführt wurde und der in der Sprachwissenschaft zentrale Bedeutung erlangt hat, ist der Begriff der Illokution (Graefen/Liedke 2012: 243).

Die Sprechakttheorie untersucht nun, was wir mit Wörtern tun. Sie erforscht, wie mit sprachlichen Äußerungen Handlungen vollzogen werden, des Weiteren die Kriterien für den erfolgreichen Vollzug von Äußerungen sowie die Struktur und Systematik sprachlicher Handlungen im Allgemeinen. In aller Kürze lauten die zentralen Fragestellungen der Sprechakttheorie: Was tun wir, indem wir sprechen? Und: Was tun wir, wenn wir sprechen? (Krallmann / Ziemann 2001: 71)

8.1.1. Sprechakttheorie nach Austin

Aus systematischer Perspektive ist Austins Ansatz ein bedeutsamer Beitrag zur Präzisierung der von Wittgenstein vertretenen Auffassung, die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke sei ihr Gebrauch. Damit korreliert eine differenzierte Analyse verschiedener Aspekte sprachlicher Handlungen wie auch eine Klassifikation von Äußerungsdimensionen einerseits und Sprachakttypen andererseits. Den höchsten Bekanntheitsgrad hat wohl Austins Einteilung der Vielfalt alltäglichen Sprechens in die drei Äußerungskomponenten von lokutionärem, illokutionärem und perlokutionärem Akt erreicht (Krallmann / Ziemann 2001: 72):

1) lokutionärer Akt= Äußerungsakt

a) phonetischer Akt – Äußerung von Lauten

b) phatischer Akt – Äußerung von Wörtern und Sätzen c) rhetischer Akt – Äußerung von Bedeutungen

2) illokutionärer Akt = Sprechhandlungsakt

3) perlokutionärer Akt = “Gelingen" des illokutionären Akts

Der lokutionäre Akt betrifft Phonetik, Grammatik und Semantik, also Artikulation und Inhalt einer Äußerung wie Gib mir mal ′ne Zigarette! Zentrum des Sprechakts ist der illokutionäre Akt, also die Sprecherintention, hier eine Bitte im Imperativ-Form (je nach Rollenbeziehung, Besitzerverhältnis usw. könnte auch eine

Aufforderung oder ein Befehl vorliegen). Substanz, Inhalt, Form (Oberfläche) auf der einen Seite und Intention (Tiefe) auf der anderen müssen klar getrennt werden.

Dem entsprechenden auch Verständnisrückfragen des Hörers wie Das hab′ ich akustisch nicht verstanden. oder Das hab′ ich inhaltlich nicht verstanden., Was meinst du denn damit?, Wie meinst du denn das? Problematisch bleibt der perlokutionäre Akt, die Wirkung auf den Hörer, da schwer zu erklären ist, ob eine Intention schon erfüllt ist, wenn der Hörer sie versteht, oder erst, wenn er eine vom Sprecher beabsichtigte Anschlußhandlung vollzieht. Das kann aber gegen die Forderung verstoßen, dass die Teilakte gleichzeitig geschehen sollen (Gross 1998:

159).

8.1.2. Sprechakttheorie nach Searle

Searle berücksichtigt bei seinen Analysen der einzelnen illokutionären Akte hauptsächlich die Handlungsbedingungen, die zum Vollzug der jeweiligen Akte gegeben sein müssen; darüber hinaus beschreibt er auch die allgemeinen kommunikativen Bedingungen, die für sprachliches Handeln überhaupt voraussetzen sind. Eine systematische Analyse der Äußerungsformen, die zur Realisierung eines bestimmten Sprechhandlungsmusters dienen können, ist in Searles ursprünglicher Konzeption nicht vorgesehen gewesen. Searle argumentiert als Sprachphilosoph und nicht als Linguist; er betont gleich zu Beginn, dass es sich bei seinem Buch nicht um eine linguistische Arbeit handelt. Sein Ziel ist es nicht, einzelsprachliche Strukturen zu analysieren, sondern Prinzipien herauszufinden, die für Sprache überhaupt gelten sollen.

Die Angabe von funktional äquivalenten Äußerungsformen für einen Sprechakt und deren semantische und syntaktische Analyse stellen aber notwendigerweise Aussage über Einzelsprachen dar. Es ist wahrscheinlich, dass es in allen Sprachen Sprechakte wie Bitten, Fragen, Versprechen, Mitteilungen usw. gibt und dass Handlungsbedingungen für diese Sprechakte in allen Kulturen sehr ähnlich aussehen;

die sprachlichen Ausdrucksformen sind aber natürlich völlig unterschiedlich und können nur durch die Untersuchung der entsprechenden Einzelsprachen erfasst werden (Hindelang 2010: 83).

Searl unterscheidet fünf verschiedene Typen von Sprechakten:

Repräsentativer Sprechakt: Sie bezeichnet den Typ, den Austin konstantiv nannte, also Sprechhandlung, mit denen ein Wahrheitsanspruch erhoben wird. Beispiele: Mitteilen, Feststellen, Behaupten. Da der Unterschied zwischen dem Mitteilen (einer Neuigkeit) und dem Feststellen (eines dem Hörer in der Regel bereits bekannten Sachverhalts) nicht immer eindeutig erkannt werden kann, spricht man oft zusammenfassend von Assertion.

Direktiver Sprechakt: Hiermit werden Forderungen an den Hörer gerichtet. Bespiele:

Bitten, Auffordern. Zu beachten ist, dass hierzu im Allgemeinen auch die Frage (als Bitte und Antwort) gezählt wird.

Kommissiver Sprechakt: Der Sprecher geht eine Verpflichtung ein. Beispiele:

Versprechen, Erlauben.

Expressiver Sprechakt: Hier werden Gefühle oder Einstellungen zu Sachverhalten ausgedrückt. Auch die Etablierung sozialer Kontakte fällt unter diese Kategorie.

Beispiel: Danken, Grüssen, Bedauern.

Deklarativer Sprechakt: Sprechhandlung, mit denen kraft sozialer Stellung des Sprechers "die Welt verändert" wird. Beispiele: Taufen, Ernennen, Kündigen.

Diese Kategorien sind im Prinzip universell, übereinzelsprachlich gültig, auch wenn ihre Realisierung sprachspezifisch gelernt werden muss. Zu beachten sind ferner kulturelle oder historische Unterschiede. In einer Gesellschaft, in der es keine Ritter mehr gibt, kann man niemanden "zum Ritter schlagen". Und auch die Sprechhandlung des Bannes oder Ächtens dürften in unserer heutigen westlichen Gesellschaft aus der Mode gekommen sein (Helbig 2001: 238-239).

Außerdem unterscheidet Searle vier Teilakte, indem er den ersten aufspaltet:

1) Äußerungsakt (vgl. bei Austin "phonetisch" und "phatisch")

2) propositionaler Akt (vgl. bei Austin "rhetisch") = Referenz und Prädikation. Das entspricht etwa Satzgegenstand und Satzaussage oder Thema und Rhema. -

"Reiner Inhalt".

Beispiel: Die Studentin (Ref) – dolmetscht gut (Präd.) 3) illokutionärer Akt (wie bei Austin), z.B:

Behauptung: Die Studentin dolmetscht gut.

Frage: Die Studentin dolmetscht gut?

Dolmetscht die Studentin gut?

Vermutung: Die Studentin dolmetscht sicher gut.

Zweifel: Ob die Studentin wirklich gut dolmetscht?

Hoffnung: Hoffentlich dolmetscht die Studentin gut.

Wunsch: Wenn die Studentin doch gut dolmetschte!

Voraussage: Die Studentin wird gut dolmetschen.

4) perlokutionärer Akt (ähnlich Austin)

Benzer Belgeler